Editorial
In der Amtsplanung ist jedes vierte Jahr dick rot markiert: Dieses Jahr ist es wieder soweit, wir sind in einem «Angebotsbeschluss- und Investitionsrahmenkreditjahr»: Im Februar sind die Angebotskonzepte der Regionen eingereicht worden, das war für das AÖV der Startpfiff. Die 1. Etappe haben wir gemeinsam geschafft: Die Grundsatzentscheide sind gefällt und direktionsintern politisch abgestimmt. Das kantonale Angebotskonzept steht dank dem grossen Einsatz des ganzen AÖV-Teams und das Konzept geht in die Fachkonsultation. Nach dem Auswerten der Konsultation können wir die Grossratsunterlagen vorbereiten und im März 2026 wird im Rathaus entschieden, wie es mit dem öffentlichen Orts- und Regionalverkehr und den Investitionen bis Ende des Jahrzehnts weitergeht.
Weitere Beiträge dieses Newsletters befassen sich mit dem anstehenden Verkehrstag, der erstmals im Zeichen des Güterverkehrs steht. Der Güterverkehr ist grundsätzlich liberalisiert, die öffentliche Hand ist aber gleichwohl als Regulator und Koordinator gefragt. Zudem freut es mich ausserordentlich, dass wir zum ersten Mal einen Bundesrat beim Verkehrstag begrüssen dürfen.
Auf nationaler Ebene ist bezüglich Tarife vieles im Fluss, wir Kantone bringen uns in diese Prozesse ein. Bei lokalen Lösungen sind die Kantone gefragt. Dies ist beispielsweise bei Gästekarten der Fall, wo es viele Fortschritte und – so geht es eben leider – lokal auch Rückschritte zu beobachten sind.
Unser Amt beschäftigt sich bekanntermassen mit «Bewegung». Im letzten Artikel zum Thema «Agilität» geben wir einen Einblick wie wir unsere Arbeitswelt in Bewegung halten.
Auch die Amtsleitung bleibt in Bewegung: Ende März hat der Regierungsrat Katja Bessire und mich zu den neuen Co-Leitenden des AÖV ab 1. September 2025 gewählt. Ich freue mich sehr auf dieses neue Kapitel und die Zusammenarbeit mit meiner heutigen Stellvertreterin.
Christian Aebi, Vorsteher Amt für öffentlichen Verkehr und Verkehrskoordination
Angebotsbeschluss 2027 - 2030 - Die Bestellung des ÖV-Angebots im Kanton Bern
Der Grosse Rat legt im Angebotsbeschluss periodisch das ÖV-Angebot des Orts- und Regionalverkehrs im Kanton Bern fest. Als Grundlage dafür dienen die Ende Februar 2025 eingereichten regionalen Angebotskonzepte, welche das AÖV prüft und die Anträge der Regionen für den kantonalen Angebotsbeschluss priorisiert. Zum daraus erarbeiteten kantonalen Angebotskonzept findet aktuell die Fachkonsultation bei den RVK/RK, Transportunternehmen, Nachbarkantonen, kantonalen Fachstellen und Interessenverbänden statt.

Die diesjährige Erarbeitung des Angebotsbeschlusses erfolgt aufgrund der vom Bund vorgeschlagenen Sparmassnahmen unter besonderen Voraussetzungen. Einsparungen von jährlich rund 200 Mio. beim regionalen Personenverkehr (RPV) würden auch den Kanton Bern hart treffen. Somit stellte sich gleich zu Beginn die Frage – sind Ausbauten überhaupt möglich oder müssen sogar bestehende Angebote geprüft und reduziert werden? Da gegen diese Sparmassnahmen eine breite Allianz zu erwarten ist, haben wir uns entschieden, in der Fachkonsultation die möglichen Sparmassnahmen nicht zu berücksichtigen, und uns auf den aktuellen Finanzplan abzustützen. Sollten die Sparmassnahmen doch beschlossen werden hätte das einschneidende Massnahmen zur Folge. Bezogen auf den Kanton Bern denkbar sind Tariferhöhungen, Verzicht auf Angebotsausbauten und allenfalls sogar ein Abbau von Angeboten. Eine Kompensation der eingesparten Bundesgelder durch kantonale Beiträge ist nicht vorgesehen.
Neben den üblichen Themen wie Ausbau von kapazitätskritischen Linien, Umsetzung von sinnvollen neuen Angebotskonzepten und der Überführung von erfolgreichen Versuchsbetrieben ins kantonale Grundangebot sind in diesen Angebotsbeschluss auch On-Demand Angebote eingeflossen. Nachdem unter der Leitung der Regionen umfassende Vorarbeiten und Abklärungen gemacht wurden, sollen die bestehenden, bereits laufenden Angebote in Belp und Herzogenbuchsee teilweise neu mitfinanziert werden und zusätzliche Angebote im Chisental und im Raum Huttwil (inkl. den Emmentalergemeinden Heimiswil und Affoltern i.E.) versuchsweise eingeführt werden. Diese Angebote sind nach dem Bürgerbusmodell konzipiert, das bedeutet seitens Kanton wird ein Betrag pro Fahrzeug und pro unerschlossene EinwohnerInnen vergütet, die restlichen Kosten sind durch die Gemeinden zu tragen. Die als Versuchsbetriebe beantragten Angebote von Transportunternehmen hätten unverhältnismässig hohe Abgeltungen zur Folge und wurden daher vom AÖV als zu unwirtschaftlich eingestuft.
Ein Spezialfall wird die Frage nach der zukünftige Erschliessung des Fischermätteliquartiers in Bern sein. Der Grosse Rat hat im Dezember 2024 den Regierungsrat beauftragt, ihm eine alternative Erschliessungsform des Fischermätteliquartiers vorzuschlagen. Derzeit werden durch den Kanton entsprechende Grundlagen erarbeitet, so dass der Grosse Rat im Frühjahr 2026 über die zukünftige Erschliessung dieses Stadtquartiers entscheiden kann.
20. Berner Verkehrstag am 22. August 2025
Güterverkehr im Wandel: Herausforderungen, Chancen und Verantwortung der Politik

Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Planung, Verwaltung und der Logistikbranche beleuchten die Herausforderungen im Güterverkehr und erörtern mögliche Lösungsansätze. Es freut uns speziell, anlässlich der 20. Ausgabe des Berner Verkehrstags Bundesrat Albert Rösti als Referenten begrüssen zu dürfen. Nutzen Sie die Gelegenheit zur Information und zum Erfahrungsaustausch.
Lieferengpässe aufgrund von stockenden Güterverkehrsrouten, Mehrverkehr durch den wachsenden Online-Handel, Debatten um Logistikinfrastrukturen - der oft vergessene Güterverkehr rückt immer stärker ins Bewusstsein von Politik und Gesellschaft. Dennoch werden Logistikanlagen als störend empfunden und aus den Zentren verdrängt. Verschiedene Änderungen der rechtlichen Grundlagen auf Bundesebene verpflichten die Kantone, den Güterverkehr stärker zu lenken.
Der 20. Berner Verkehrstag rückt die Herausforderungen im Güterverkehr in den Fokus: Wie machen Politik und Verwaltung den Kanton Bern fit, um den wichtigen Güterverkehr auch in Zukunft zu bewältigen? Was sind die Handlungsspielräume der öffentlichen Hand? Und welche Lösungen hat die Logistikbranche? Ein Thema, das eine gute Koordination unter den Staatsebenen und den privaten Akteuren verlangt.
Der Berner Verkehrstag ist ein Treffpunkt der Schlüsselpersonen in der Verkehrspolitik. Er richtet sich an Interessierte aus Politik, Planung, Verwaltung, Transportunternehmungen, Wirtschaft und Verbänden. Zur bereits 20. Ausgabe sind Sie herzlich eingeladen!
Gästekarte als ÖV-Ticket - Der Spagat zwischen attraktivem Angebot und fairer Finanzierung
Viele Kurorte geben Gästekarten mit inkludiertem ÖV-Ticket ab. Dadurch profitieren die Gäste von einem vereinfachten Zugang zum ÖV, während die Transportunternehmen in der Beratung und Distribution entlastet werden und Fahrgäste hinzugewinnen. Alles in Allem versprechen Gästekarten also zu Win-Win-Situationen. Die notwendigen Verhandlungen, um Gästekarten zu ermöglichen sind allerdings nicht trivial. Denn um zu Lösungen zu gelangen, mit welchen alle Beteiligten einverstanden sind, muss der Spagat zwischen attraktivem Angebot und fairer Finanzierung gelingen.

Verschiedenste Tourismusorte im Kanton Bern bieten für touristische Aufenthalte Gästekarten an, die unter anderem als ÖV-Tickets genutzt werden können. Dies trägt nicht nur dazu bei, das ortsgebundene Angebot verlockend vermarktet und gefördert werden, sondern zielt durch die Verlagerung des touristischen Verkehrs auf den ÖV auch darauf ab, die Attraktivität der Tourismusorte zu steigern sowie auf Nachhaltigkeitsziele hinzuwirken – sowohl auf Stufe der Regionen als auch Kanton. Dass solch vermeintliche «Gratis-ÖV-Angebote» aber auf längere Zeit betrieben werden können, bedingt, dass die Entschädigung der Tourismusregionen an die Transportunternehmen in einem ausgewogenen Verhältnis zur Nutzung durch die Gäste steht. Überdies müssen die Angebote dem Personenbeförderungsgesetz entsprechen, welches unter anderem bestimmt, dass die Tarife gegenüber allen gleich anzuwenden sind. Die Vergütung der Tourismusregionen an die Transportunternehmen kann somit nicht beliebig verhandelt werden, sondern muss einer Berechnungsmethodik folgen, die nachvollziehbar und für die Leistungserbringer akzeptabel ist. Wie viele Gästekarten werden abgegeben? Wie oft nutzen TouristInnen den ÖV in ihren Ferienaufenthalten? Haben die Gäste persönliche ÖV-Fahrausweise, die zur Fahrt oder zu Ermässigungen berechtigen? Oder: Wie hoch muss unter Berücksichtigung der Antworten auf die vorherigen Fragen die Kurtaxe ausfallen? Auf diese schwierigen Fragen müssen plausible Antworten gefunden werden, die als Grundlage für – trotz gemeinsamer Ziele, aufgrund divergierender Interessen – delikate Verhandlungen zwischen Tourismusregionen, Transportunternehmen, Kanton und weiteren Beteiligten dienen.
Shared Mobility Booster - Kostenlose Beratung für Berner Gemeinden

Am Dienstag, 18. März 2025, fand das Informations- und Austauschtreffen zum Programm «Shared Mobility Booster» für Berner Gemeinden, Regionen und ÖV-Unternehmen statt. Das Programm «Shared Mobility Booster» unterstützt die Weiterentwicklung von Shared Mobility-Angeboten. Gemeinden und Regionen im Kanton Bern profitieren von einer kostenlosen Beratung.
Rund 50 Personen nahmen an diesem Anlass teil. Die Mobilitätakademie präsentierte das Programm, das drei Teile umfasst:
- Eine informative Webseite bietet eine Übersicht zum Shared Mobility-Markt, zu Angeboten, Förderprogrammen, Best Practice-Beispielen sowie wissenschaftliche Beiträge. Zudem zeigt die Website verschiedene Möglichkeiten auf, wie Gemeinden auch ohne Budget oder mit begrenzten Mitteln die geteilte Mobilität fördern können.
- Die Beratung beinhaltet einerseits ein Online-Analyse-Tool zur Einordnung der Shared Mobility-Angebote pro Gemeinde (aktueller Stand, «Shared Mobility Index», Vergleich mit ähnlichen Gemeinden). Andererseits steht ein Team für personalisierte Beratung zur Verfügung. Diese Beratung ist in der Lancierungsphase für Berner Gemeinden und Städte kostenlos.
- In Zusammenarbeit mit dem Branchenverband CHACOMO (Swiss Alliance for Collaborative Mobility) wurden auch Angebote für Gemeinden, wie zum Beispiel Testflotten, ausgearbeitet.
Die Mobilitätsakademie legte zudem den Fokus der Veranstaltung auf die Synergien mit dem öffentlichen Verkehr anhand von Best Practice-Beispielen und Studien.
Weiter präsentierte Die Gemeinde Belp ihre Aktivitäten zur Shared Mobility mit Fokus auf die Entwicklung eines On-Demand-Angebots. Die Stadt Thun zeigte ihre Strategie bezüglich Mobilität auf und setze den Fokus auf ihr städtisch betriebenes Bikesharing-Angebot.
Bedeutung von Shared Mobility – Schaut man den Anteil der Fahrzeuge an, die geteilt genutzt werden, scheint die Shared Mobility ein Nischenprodukt zu sein. Schaut man hingegen auf den Anteil registrierte Nutzende von Shared Mobility-Angeboten, machen diese einen bedeutenden Anteil der Gesamtbevölkerung aus. Die Marktdurchdringung zeigt sich demnach nicht in der Anzahl der Fahrzeuge, sondern in der Anzahl der Nutzenden pro Fahrzeug – entscheidend ist eine hohe Auslastung.
Agilität im AÖV – Gewappnet fürs Ungewisse
Während das AÖV in absehbarer Zukunft weiter mit den bekannten Aufgaben betraut bleiben wird, verändern sich die Rahmenbedingungen, unter denen diese zu erfüllen sind, konstant. Künstliche Intelligenz, Datenverwaltung und -analyse oder Digitalisierung sind nicht nur längst in aller Munde, sondern fliessen auch im AÖV zunehmend in den Arbeitsalltag ein. Die Herausforderung liegt dabei darin, in einer sich rapide entwickelnden Umwelt geeignete, aktuelle und zielführende Arbeitsweisen und -prozesse zu integrieren, um den gewünschten Output zu produzieren. Mit mehr «Agilität» im AÖV versuchen wir uns für die ungewisse Zukunft zu wappnen.
In der Managementliteratur wird propagiert, dass für einen optimalen Umgang mit instabilen und dynamischen äusseren Einflüssen eine Transformation der Organisationsstrukturen herbeigeführt werden muss. Anstatt fixe, detailliert ausgearbeitete Pläne, strikte Hierarchien und Prozesse, welche durch Unvorhergesehenes durcheinandergeraten können, soll versucht werden, in adaptiven und flexiblen Strukturen zu funktionieren. Damit kann das Vorgehen oder die eingesetzten Ressourcen laufend an sich verändernde Anforderungen und Rahmenbedingungen angepasst werden. Kurz - um Instabilität zielführend zu bewältigen ist organisationale Anpassungsfähigkeit gefragt. Diesem Prinzip, bekannt unter dem Namen «Agilität» (lat. agilitas), also Beweglichkeit oder Wendigkeit, haben sich auch die BVD als Ganzes und das AÖV verschrieben.

Bereits 2023 wurden die BVD-Leitsätze «agil in die Zukunft» formuliert und ein Agilitätsteam ins Leben gerufen, in welchem regelmässig mögliche Ansätze zur Einführung von mehr Flexibilität ausgetauscht werden. So gilt beispielsweise die rotierende Leitung der AÖV-Amtssitzungen durch die Mitarbeitenden als agiles Vorbild in der BVD. Einerseits bietet dies für HochschulpraktikantInnen oder wissenschaftlichen MitarbeiterInnen die Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln und die eigenen Kompetenzen zu erweitern. Andererseits wird die Amtsleitung entlastet.

Darüber hinaus hat sich das AÖV aus eigener Initiative vorgenommen, im Jahr 2025 «Weiterentwicklung» ins Zentrum zu rücken. In den vergangenen Jahren wurde durch internen Austausch von Erfahrungen und Arbeitsweisen zunehmend festgestellt, dass erstens ein grosser und vielfältiger Erfahrungsschatz vorhanden ist und zweitens konstant neues gelernt wird und frische Ideen, wie Probleme angegangen werden könnten, mitgebracht werden. Würden diese Aspekte zusammengeführt, könnte also grosses Potential zur Vereinfachung und Verbesserung der internen Abläufe genutzt werden. Um einen gemeinsamen Schritt in diese Richtung zu machen, wurde anfangs Jahr zusammengetragen, welche Erfahrungen die MitarbeiterInnen dem restlichen Team sowohl zur individuellen Entwicklung, vor allem aber auch zur Erfüllung von Amtsaufgaben nahebringen könnten. Seither laufen auf freiwilliger Basis interne Peer-to-Peer Weiterbildungen zu Themen, die von Softskills und Sprachen über Fachliches bis hin zu diversen IT-Themen reichen. Die herkömmliche Hierarchie tritt dabei komplett in den Hintergrund - so führten z. B. unsere PraktikantInnen einen Workshop zum Thema Datenanalyse durch oder werden damit betraut, ihre Nachfolgen in Arbeitsgebiete einzuarbeiten.
Bereits jetzt wird spürbar, dass das Amt durch diesen intensiven Austausch zusammenrückt. Die verschiedenen Kompetenzen werden wahrgenommen, ausgetauscht und aktiv zur effektiveren Zusammenarbeit und Identifikation von Verbesserungspotential genutzt. Als AÖV sind wir bestrebt, durch dieses hierarchielose Teilen und Vermitteln von Fähigkeiten sowie Offenheit gegenüber neuen Instrumenten oder Arbeitsweisen nicht nur am Puls der Zeit zu bleiben, sondern eben auch agiler denn je neue Herausforderungen angehen und unvorhergesehene Entwicklungen abfedern zu können.
"Die Zahl": 19.7

Im Amt für öffentlichen Verkehr und Verkehrskoordination werden durchschnittlich 19.7 Prozent der Arbeitszeit im Homeoffice geleistet – ein Ausdruck gelebter Flexibilität im Berufsalltag. Die Verteilung zeigt ein klares Muster: Am Freitag arbeitet über ein Drittel der Mitarbeitenden (34.0%) von zu Hause aus, während es am Montag mit 7.7% deutlich weniger sind – kein Zufall, denn anfangs Woche finden traditionell interne Sitzungen vor Ort statt. Homeoffice ermöglicht eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben – auch in einem Amt, das sich mit zukunftsfähiger Mobilität befasst.