Der Klimawandel betrifft auch die Kantonsstrassen

In Zukunft werden mehr Hitzetage, trockenere Sommer - jedoch mit heftigeren Starkniederschlägen - und schneeärmere, aber nassere Winter erwartet. Im Gebirgskanton Bern ist das Kantonsstrassennetz stark vom Klimawandel betroffen. Wetterextreme werden weitreichende Auswirkungen haben, die das TBA vor grosse Herausforderungen stellen.
Seit 1864 hat sich die mittlere Jahrestemperatur im Kanton Bern bereits um über 2 Grad Celsius erhöht. Das ist deutlich mehr als der globale Temperaturanstieg, weil im Binnenland Schweiz die kühlende Wirkung der Ozeane fehlt und weil wegen des Rückgangs der hellen Gletscher- und Firnflächen weniger Sonnenlicht reflektiert wird. Prognosen zufolge wird die Temperatur bis 2060 um weitere 2,5 Grad Celsius ansteigen, falls die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens - die in der Kantonsverfassung festgeschrieben sind - nicht erreicht werden. Die Temperaturen im Kantonsgebiet werden im Sommer und Winter deutlich zunehmen und damit auch Hitze und Trockenheit. Der Niederschlag hingegen wird im Sommer insgesamt eher ab- und im Winter zunehmen. Die Intensität der einzelnen Starkniederschlagsereignisse steigt an, weil die wärmere Atmosphäre mehr Feuchtigkeit aufnimmt. Hinzu kommt, dass durch den Rückgang der Gletscherflächen und der trockeneren Böden weniger Niederschläge gespeichert werden und unmittelbar abfliessen. «Unsere Verletzlichkeit nimmt zu», sagt Markus Wyss, Kreisoberingenieur OIK I, und ergänzt: «Diese klimatischen Veränderungen führen zu einer steigenden Wahrscheinlichkeit von Naturgefahrenereignissen wie Murgängen und Überschwemmungen, die unsere Kantonsstrassen-Infrastrukturen umso stärker gefährden werden.»
Ist das Risiko für den Menschen auf den Kantonsstrassen tragbar?
Die zunehmenden Extremwetterereignisse stellen eine ernsthafte Bedrohung für die Kantonsstrassen dar, die essenziell für die Erschliessung der Regionen und Gemeinden sind. Insbesondere in den Tälern des Berner Oberlands bestehen neben der Kantonsstrasse meist keine alternativen leistungsfähigen Strassenverbindungen. Murgänge und Überschwemmungen können jederzeit auftreten, erhebliche Schäden anrichten und Strassenverbindungen unterbrechen. Im Rahmen der ordentlichen Substanzerhaltung und beim Ausbau von Strassen werden bereits heute Anpassungen zum Schutz der Verkehrsteilnehmenden und der Infrastrukturen vorgenommen, z. B. durch Steinschlagschutzmassnahmen, Schutzbauten und -wäldern gegen Lawinen oder Überwachungs- und Interventionsmassnahmen an Gefahrenstellen. Ein Restrisiko bleibt laut Wyss jedoch bestehen: «Ein lückenloser Schutz ist weder für den Menschen noch für die Infrastruktur erreichbar, so sehr man sich auch bemühen mag.»

Was können wir tun?
Für die Sicherheit und Funktionalität der Kantonsstrassen stehen verschiedene Handlungsoptionen zur Verfügung. Einerseits ist die Entwicklung der Naturgefahren im Auge zu behalten, andererseits sind neue Gefahrenstellen zu identifizieren. Lawinen werden seit den 1960er Jahren und Hochwasser und Massenbewegungen seit den 1990er Jahren im Kantonalen Ereigniskataster erfasst. Ergänzend führt das TBA einen Kataster der Instabilitäten entlang der Kantonsstrassen. Umfangreiche Studien zu Auswirkungen des Gletscherrückgangs und des Anstiegs des Permafrosts erlauben es, neue Gefahrenstellen zu erkennen. Diese potenziellen neuen Gefahrenstellen werden stufengerecht überwacht. Entlang von National- und Kantonsstrassen sind im Kanton über 150 Überwachungssysteme im Einsatz. «Organisatorische Massnahmen und Schutzbauten - die wie Schutzwälder unterhalten werden müssen - reichen aber nicht. Im Zuge der Substanzerhaltung und des Ausbaus der Kantonsstrassen werden die Strassenanlagen, insbesondere die Brücken, wenn nötig den neuen Gegebenheiten angepasst. So müssen Brücken über Gewässer häufig neu dimensioniert oder gar ersetzt werden, damit künftige, grössere Wasserabflüsse oder Murgänge möglichst keine Schäden an der Strasse und in der Umgebung verursachen», erklärt Markus Wyss.

Was kommt finanziell auf uns zu?
Die Massnahmen zum Schutz der Kantonsstrassen-Infrastruktur sind mit erheblichen Kosten verbunden. Allein für die rund 500 km Kantonsstrassen im Berner Oberland mit knapp 500 Brücken, mehr als 1000 Durchlässen, 38 Tunneln und Galerien beläuft sich der geschätzte, jährliche Finanzbedarf für Schutzmassnahmen und die Anpassung der Kantonsstrassen heute auf ca. 5 bis 10 Millionen Franken. Für Überwachung, Notfallplanungen sowie Räumung, Reparatur und Wiederherstellung nach Ereignissen belaufen sich die Kosten auf 2 bis 5 Millionen Franken. Diese Aufwände muss der Kanton als Strasseneigentümer selbst tragen. Dies dürfte in Zukunft nicht nur im Berner Oberland, sondern in allen Oberingenieurkreisen zu einer immer grösseren finanziellen Herausforderung für den Kanton werden.
Wie geht es weiter?
Die Extremereignisse werden zweifellos an Intensität und Häufigkeit zunehmen. Es wird nicht vorhersehbar sein, wann wo was passieren wird. Gefährdet sind nämlich nicht nur die Kantonsstrassen im Berner Oberland. Auch in den Voralpen und im Emmental treten beispielsweise Murgänge und Hangrutsche auf. Im Mittelland und Seeland können Hochwasser führende Gewässer die Strassen überschwemmen. Im Berner Jura dürften die Kantonsstrassen hingegen etwas weniger exponiert sein. Um die Sicherheit und Funktionalität unserer Kantonsstrassen langfristig zu gewährleisten, müssen die Infrastrukturen deshalb überall den bestehenden Risiken entsprechend überwacht oder angepasst werden. Wichtig ist auch, dass durch ein Ereignis unterbrochene Kantonsstrassen raschmöglichst, zumindest provisorisch, wieder in Betrieb genommen werden können. Damit im Ereignisfall rasch gehandelt werden kann, hat das TBA interne Abläufe, Zuständigkeiten und Kompetenzen festgelegt. Diese organisatorischen Vorkehrungen sind entscheidend. Nur so können die wachsenden Herausforderungen der Zukunft bewältigt und die Auswirkungen von Naturgefahren auf Strassen, Gesellschaft und Wirtschaft begrenzt werden.

Was bedeutet der Klimawandel für das Strassenunterhaltsdienst?
Die im Strassenunterhalt tätigen Mitarbeitenden leiden unter der zunehmenden Hitze. Als Arbeitgeber steht das TBA in der Pflicht, die Gesundheit seiner Mitarbeitenden zu schützen. Bereits heute wird in einzelnen Strasseninspektoraten im Sommer früher am Morgen mit der Arbeit begonnen, um der Hitze am späteren Nachmittag entgehen zu können, Tendenz zunehmend. Das TBA stellt zudem angepasste Bekleidung, Getränke sowie klimatisierte Fahrzeuge zur Verfügung. Diesen Massnahmen werden in den nächsten Jahren noch weitere folgen.
Der Spreitgraben: Beispiel eines aktiven Murgang-Gebiets

Seit 2009 ereignen sich in Guttannen am Ritzlihorn vermehrt Felsstürze und in der Folge Murgänge im Spreitgraben. Die Ursache der Felsstürze ist das Auftauen des Permafrosts, der den Berg bisher zusammengehalten hat. Mittlerweile sind bereits mehr als eine Million Kubikmeter Geschiebe aus dem Spreitgraben in die Aare verfrachtet worden. Ihr Flussbett liegt bis 20 m höher als vorher. Weil deswegen auch die Sohle des Spreitgrabens angestiegen ist, muss die Galerie, in der die Kantonsstrasse den Graben unterquert, verstärkt werden. Das Bauwerk kann die grösser werdende Auflast längerfristig nicht mehr tragen. Die Prognosen der Geologen zeigen zudem auf, dass Murgänge aus dem Graben ausbrechen könnten. Deswegen drängt sich eine Verlängerung der Galerie um rund 100 m auf. Nach der Genehmigung der nötigen Projektierungskredite arbeitet das TBA jetzt unter Hochdruck an den Projekten für die Sicherung der wichtigen Strassenverbindung nach Guttannen, zum Grimselpass und zu den Kraftwerks- und Stauanlagen der KWO.


«Die Folgen des Klimawandels können überall im Kanton zu Schäden an den Strassenanlagen führen»

Mirjam Dürst Stucki, Leiterin Betrieb und Unterhalt Kantonsstrassen im Oberingenieurkreis I des TBA und Nils Hählen, Leiter Abteilung Naturgefahren des bernischen Amtes für Wald und Naturgefahren (AWN), zeigen die Folgen des Klimawandels auf die Kantonsstrassen auf und wie man diesen begegnen kann.



Welche konkreten Auswirkungen des Klimawandels haben Sie in den letzten Jahren bei Ihrer Arbeit beobachtet?
Nils Hählen: Wir beobachten, dass zum einen die Stärke der Ereignisse zugenommen hat, zum anderen die Häufigkeit der Ereignisse im ganzen Kanton gestiegen ist. Im hochalpinen Raum gibt es Ereignisse in Dimensionen, die wir früher nicht kannten. Insbesondere die kombinierten Ereignisse fordern uns heraus, wie zum Beispiel ein überlaufender Gletschersee und ein daraus resultierendes Hochwasser.
Mirjam Dürst Stucki: In unserer täglichen Arbeit sind es vor allem die nicht planbaren Einsätze aufgrund solcher Ereignisse, die uns in der Ereignisbewältigung sehr viel Zeit kosten und uns auch bei den anschliessenden Instandstellungsarbeiten meistens noch lange beschäftigen. Das war früher weniger der Fall. Wir beobachten jetzt auch im Winter vermehrt extreme Wettersituationen, die zu Lawinen, Hochwasser und Rutschungen führen können.
Hählen: In den Wintern 2018 und 2021 gab es Lawinen und Hochwasser auf engstem Raum. So etwas haben wir in der Vergangenheit nicht erlebt: Früher gab es eine klare Trennung zwischen Winter- und Sommerereignissen. Heute überlagern sich diese Ereignisse, so dass wir es mit ganz anderen Prozessen und Herausforderungen zu tun haben.
Wie arbeiten das TBA und das Amt für Wald und Naturgefahren zusammen, um den Auswirkungen des Klimawandels zu begegnen? Gibt es ein konkretes Beispiel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit?
Dürst Stucki: Im Zusammenhang mit den Felsstürzen beim «Spitze Stei» und den daraus resultierenden Murgängen in Kandersteg arbeiten wir zum Beispiel sehr eng und erfolgreich zusammen. Das AWN kümmert sich um den Felssturz, das TBA ist für den Bereich Wasserbau und die Schutzmassnahmen gegen Murgänge zuständig.
Hählen: Wir stehen sehr oft in Kontakt. Ein gemeinsames Projekt ist unter anderem die Erstellung von Gefahrenkarten für die Gemeinden und die Nachführung des Ereigniskatasters. Dadurch, dass wir im Alltag häufig miteinander zu tun haben, sind wir im Ereignisfall sehr gut aufeinander eingespielt.
Dürst Stucki: Bei der Gewährleistung der Sicherheit auf den Kantonsstrassen erhalten wir vom AWN grosse Unterstützung bei der Erhaltungsplanung von Schutzbauten und der Schutzwaldpflege. Diese Arbeiten haben durch die Veränderung der Gefahrenprozesse aufgrund des Klimawandels und dem häufigeren Auftreten von Ereignissen an Bedeutung gewonnen.
Welche Regionen sind besonders betroffen im Kanton Bern?
Dürst Stucki: Die Folgen des Klimawandels wie Hitze, Starkniederschläge oder Trockenheit können überall zu Schäden an den Strassenanlagen führen. Im Berggebiet führen diese veränderten Bedingungen vor allem zu Rutschungen, Murgängen, Steinschlägen, oder Felsstürzen. Im Mittelland und den grossen Tälern haben wir meist mit Problemen durch Überschwemmungen und Oberflächenabfluss zu tun.
Hählen: Im Mittelland gibt es bei solchen Ereignissen zwar schnell Beeinträchtigungen, diese gehen aber vorwiegend auch relativ rasch wieder vorbei. Im alpinen Gebiet sind die Folgen gravierender, so dass es zu landschaftsverändernden Prozessen kommen kann, die uns vor sehr grosse Herausforderungen stellen.
Heisst das, dass in den anderen Regionen des Kantons das Gefahrenpotential in Bezug auf die Kantonsstrassen geringer ist als im alpinen Gebiet?
Dürst Stucki: Ich würde sagen, es sind einfach andere Herausforderungen. Wichtig ist zu wissen, was ein unterbrochener Verkehrsweg für Auswirkungen auf die Bevölkerung sowie die allgemeine und Notfall-Versorgung hat. Im Mittelland gibt es in der Regel Umfahrungsmöglichkeiten für eine gesperrte Strasse. Im Oberland sind die Auswirkungen einer Strassensperrung deutlich grösser.
Hählen: Oder anders ausgedrückt: Im Mittelland haben wir zahlenmässig mehr Herausforderungen. Im Alpenraum sind es weniger, dafür mit deutlich grösseren Auswirkungen.
Welche Möglichkeiten gibt es, um die Kantonsstrassen-Infrastruktur widerstandsfähiger zu machen?
Dürst Stucki: Wir müssen jetzt die Bauweise anpassen und vorausschauend planen. Klimagerechtes Bauen bedeutet, dass zum Beispiel die Bestandteile der Entwässerung oder Bachdurchlässe grösser dimensioniert werden als früher. Seit dem Hochwasser vom August 2005, bei dem die Fundamente mehrerer Brücken unterspült wurden, haben wir die Bauweise angepasst und die Widerlager und Pfeiler anders konstruiert. Damit wollen wir die Widerstandsfähigkeit erhöhen und auch gewährleisten, dass die Strassen im Ereignisfall schnell wieder verfügbar sind.
Wie beeinflussen extreme Wetterereignisse wie Starkregen oder Hitzewellen die Kantonsstrassen?
Dürst Stucki: Starkregen kann zu Verklausungen an Brücken, Rutschungen an Böschungen oder Auswaschungen und Unterspülungen der Strassenränder, den sogenannten Banketten, führen. Hitze kann den Strassenbelag aufweichen und zu Strassenschäden führen.
Hählen: Der Klimawandel bringt aber auch schleichende Veränderungen mit sich. Gewisse Baumarten kommen mit dem veränderten Klima nicht zurecht. Die im Mittelland weit verbreiteten Buchen werden unter der vermehrten Trockenheit leiden und können insbesondere auf trockenen Standorten ausfallen. Dies kann in Zukunft mehr Sicherheitsheitsholzerei entlang der Strassen erforderlich machen, bis die Baumartenzusammensetzung an das neue Klima angepasst ist.
Wie können Gemeinden und Bevölkerung zur Risikominimierung beitragen?
Hählen: Wichtig ist, dass jede und jeder von uns seine Eigenverantwortung wahrnimmt. Es geht darum, dass man als einzelne Person relativ viel beeinflussen kann, was die Folgen von Ereignissen betrifft: genügend hohen Versicherungsschutz abschliessen, Notvorräte anlegen, Hab und Gut schützen, Wertsachen sicher aufbewahren (nicht im Keller), wenn mobile Schutzmassnahmen vorhanden sind, diese auch nutzen. Die Gebäudeversicherung bietet Unterstützung für Präventionsmassnahmen an Gebäuden.
Dürst Stucki: Hier sind alle gefordert, mitzuhelfen. Dazu ist eine Sensibilisierung auf allen Ebenen wichtig.
Hählen: Da absolute Sicherheit nicht möglich ist, müssen wir auch mehr Einschränkungen in Kauf nehmen. Zudem muss auch die Raumplanung auf die zukünftige Situation ausgerichtet werden: Gefahrenzonen meiden und Objektschutzmassnahmen konsequent umsetzen. Hitze mindernde Massnahmen werden im Siedlungsgebiet immer wichtiger. Daneben sind auch Schutzbauten gegen Naturgefahren zu ertüchtigen und in die Schutzwaldpflege zu investieren. Dadurch, dass wir heute in der Schweiz so gut geschützt sind, sind der breiten Bevölkerung Naturgefahren fremder als früher. Dabei sind sie Teil unseres Alltags.
Was kann getan werden, um die Kantonsstrassen-Infrastruktur des Kantons nachhaltig und klimafest zu gestalten?
Dürst Stucki: Es ist sehr wichtig, bei der Planung von Sanierungen und bei Neubauten die Risiken durch den Klimawandel vorausschauend zu berücksichtigen. Dies muss bei allen Anspruchsgruppen verankert werden. Mit unseren beschränkten finanziellen Mitteln ist es nicht möglich, alle 2000 km Kantonsstrassen lückenlos zu schützen und klimaresistent zu gestalten. Wir müssen dort ansetzen, wo das Risiko für die Kantonsstrasse am grössten ist oder eine Gefährdung für Dritte ausgehen kann.

Verkehrssicherheit gewährleisten: Sanierung N16 Biel-La Heutte

Die Nationalstrasse N16 verbindet Biel mit dem Berner Jura und ist eine bedeutsame Verkehrsachse. Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) saniert den Abschnitt zwischen La Heutte und Biel-Nord umfassend. Um den Verkehr möglichst wenig zu beeinträchtigen, werden die Arbeiten in mehreren Etappen ausgeführt. Das TBA übernimmt dabei eine zentrale Rolle, indem es die Verkehrssicherheit während der Bauzeit sicherstellt.
Die Nationalstrasse N16 zweigt von Biel kommend beim Bözingenfeld von der A5 ab und führt zunächst als Nationalstrasse dritter Klasse, die auch von Fahrrädern und Traktoren befahren werden darf, nach La Heutte und weiter nach Tavannes. Das ASTRA erneuert den knapp 7 km langen Abschnitt zwischen dem Anschluss La Heutte und Biel-Nord (Taubenlochschlucht) in zwei getrennten Abschnitten, da die Richtungsfahrbahnen getrennt verlaufen. Beim Teilprojekt 2 der Sanierung wird zwischen 2025 und 2027 unter laufendem Verkehr die Bergstrecke saniert und neue Technikräume für die Tunnels geschaffen.
Vorgezogene Bauarbeiten im Jahr 2025
Die Bauarbeiten stellen eine besondere Herausforderung dar: Die Arbeiten müssen so konzentriert wie möglich durchgeführt werden, um die Phase des Gegenverkehrs auf der Talspur so kurz wie möglich zu halten. In einem vorgezogenen Bauabschnitt werden in diesem Jahr deshalb folgende Arbeiten umgesetzt:
- Im Bereich des Industriegebiets Péry werden zwei Brücken und zwei Kreisverkehre gebaut.
- Eine Unterführung für Langsamverkehr entsteht beim südlichen Eingang der Taubenlochschlucht. Der Verkehr wird während der Bauarbeiten über eine Behelfsbrücke geleitet.
- Nahe Frinvillier werden in nächtlichen Bauarbeiten Steinschlagschutznetze im Fels oberhalb der SBB-Gleise verankert.


Wichtige Unterstützung durch das TBA bei der Sanierung
Stéphane Panettieri, Verantwortlicher Betrieb A16 in der Abteilung Nationalstrassen Betrieb des TBA, ist mit seinem Team im Auftrag des ASTRA für den betrieblichen und kleinen baulichen Unterhalt auf der Nationalstrasse A16 zwischen Biel und Court verantwortlich. Zudem sorgen er und sein Team in Zusammenarbeit mit dem ASTRA und der Kantonspolizei für die Baustellensignalisation, Schliessungen und Sperrungen der Strasse und gewährleistet damit die nötige Verkehrssicherheit.
Bei den vorgezogenen Arbeiten in diesem Jahr wird die Fahrspur auf der Bergfahrbahn nur verengt, bei der späteren Totalsanierung der Bergfahrbahn ist eine Sperrung erforderlich. Der Verkehr wird dann je Richtung auf einer Fahrspur auf der Talfahrbahn erfolgen.

Ein herausforderndes Jahr für das Team des Nationalstrassen Betriebs
Für Stéphane Panettieri und sein Team wird es ein herausforderndes Jahr. «Seit Anfang März sind wir mehrmals pro Woche im Einsatz, um Strassensperrungen und Umleitungen auf Grund der Bauarbeiten vorzunehmen. Die Einschränkungen für den Verkehr sollen so kurz wie möglich gehalten werden, was für uns eine intensive Planung und mehr Einsätze bedeutet, viel mehr als bei einer Vollsperrung», erklärt er. «Ich bin stolz auf mein Team, das sehr effizient und vielseitig ist.» Es ist nicht einfach, die häufigen Nachteinsätze, die die Baustelle mit sich bringt, mit dem normalen Arbeitsprogramm und dem vorhandenen Personal der Abteilung Nationalstrassen Betrieb unter einen Hut zu bringen. «Das ist nur durch die Flexibilität unseres Teams möglich», ist er überzeugt.

Verkehrssanierung Laupen: Kernstück Ortsdurchfahrt Stedtli

Laupen wird erneuert, und zwar auf mehreren Ebenen. Im Rahmen des Grossprojekts «Verkehrssanierung und städtebauliche Entwicklung Laupen» werden über mehrere Jahre Anpassungen an der Bahn- und Strasseninfrastruktur umgesetzt und der Hochwassersschutz verbessert. In der aktuell laufenden Sanierung der Ortsdurchfahrt Stedtli findet quasi eine Operation am offenen Herzen statt. Der Strassenraum wird umgestaltet und sämtliche Werkleitungen werden erneuert.
Bereits im Jahr 2010 startete die Projektbearbeitung mit dem Ziel, in Laupen die Verkehrsprobleme und das Hochwasserschutzdefizit zu beheben. Dafür haben sich der Kanton, die Gemeinde Laupen und die Sensetalbahn (heute SBB) zu einer Bauherrengemeinschaft zusammengeschlossen und ein gemeinsames Projekt auf die Beine gestellt. «Da die Teilprojekte von Bahn-, Strassen-, Brücken- und Wasserbau stark ineinander verzahnt und voneinander abhängig sind, war es wichtig, dass die Plangenehmigungsverfahren gemeinsam durchgeführt wurden und die Genehmigung für alle Teilprojekte gleichzeitig vorlag», betont Lorenz Schneider, Projektleiter Strassenbau Oberingenieurkreis II. Er hat das Teilprojekt Strassen-/Brückenbau des Kantons im Jahr 2021 übernommen, als sein Vorgänger pensioniert wurde. Unterdessen wurde der Bahnhof um 250 m an den Rand des Stedtli verschoben und der Bahnübergang bei der Sensebrücke aufgehoben. Ebenfalls wurde im Frühjahr 2023 mit der Umsetzung der Hochwasserschutz- und Revitalisierungsmassnahmen an der Sense begonnen und der Bau der temporären Umfahrungsstrassen realisiert. Während rund eineinhalb Jahren wurden die Bauumfahrung West mit einer Hilfsbrücke über die Sense sowie die Bauumfahrung Stedtli gebaut und im Herbst 2024 in Betrieb genommen. Seit November 2024 wird nun am Kernstück des Gesamtprojekts gebaut: der Sanierung Ortsdurchfahrt Stedtli.
Umfassende Sanierung im Stedtli
Die Bauphase im Ortskern dauert von November 2024 bis Juli 2025. Die Platzverhältnisse sind beschränkt, deshalb wird während dieser Zeit der Verkehr über die Umfahrung Stedtli umgeleitet. Für Zufussgehende ist das Zentrum weiterhin passierbar. «Speziell in Laupen ist, dass es sich um ein historisch wertvolles Ortsbild handelt, das unter Denkmalschutz steht», erklärt Lorenz Schneider. Die Sanierungsmassnahmen fallen deshalb umfangreicher aus als üblich. So wird nicht nur die Fahrbahn erneuert und ein lärmmindernder Belag eingebaut, sondern zusätzlich die historische Pflästerung auf der gesamten Breite von Hauswand zu Hauswand erneuert und einheitlich gestaltet. Es entstehen durchgängige Trottoirs, die mit 40 cm breiten und abgeflachten Randsteinen abgegrenzt werden. Die Ortsdurchfahrt wird für den Fuss- und Veloverkehr dadurch sicherer und hindernisfreier.

Dank der neuen Tempo-30-Zone wird die Lärmbelastung reduziert und den engen Platzverhältnissen Rechnung getragen. Ebenfalls kann die Fahrbahn dadurch grösstenteils auf eine minimale Breite von 6 m reduziert werden, was dem Fussverkehr zugutekommt und den Aufenthaltsraum attraktiver macht. Künftig wird es nur noch zwei statt sieben Fussgängerstreifen geben, da eine Querung nun grundsätzlich überall möglich ist, jedoch ohne Vortritt für die Zufussgehenden. Mit den Arbeiten einher geht die komplette Erneuerung der öffentlichen Beleuchtung. Für einen verbesserten Verkehrsfluss wird bei der Kreuzung Neuengasse / Neueneggstrasse / Bösingenstrasse ein neuer Kreisel erstellt. Um dem verlängerten Weg zum neuen Bahnhof Rechnung zu tragen, entsteht am Bärenplatz eine neue Bushaltestelle. Die Erneuerung setzt sich auch im Untergrund fort. Die in die Jahre gekommene Kanalisation wird zu einem vollständigen Trennsystem umgebaut. Dach- und Strassenabwasser werden künftig getrennt vom Schmutzabwasser abgeleitet und die Strom- und Trinkwasserversorgung auf den neusten Stand gebracht.

Breit abgestützte Kommunikation
Während der ersten vier Monate wurde auf der Baustelle im Zweischichtbetrieb von früh bis spät gearbeitet, was eine erhebliche Lärmbelastung für die Anwohnenden bedeutete. Unterdessen wird zu regulären Zeiten gearbeitet. Umfangreiche Kommunikationsmassnahmen mittels eigener Projektwebsite, Newslettern, Infobroschüren, Inseraten und Plakaten sowie Infoveranstaltungen sorgen für die laufende und umfassend Information der Bevölkerung. In den sozialen Medien gibt es sogar ein eigens kreiertes Maskottchen namens «Pflastiloupegaffer», das die Kommunikation auf witzige Weise unterstützt. Lorenz Schneider sieht die aktive Kommunikation mit als Grund, dass es bisher überwiegend positive Reaktionen auf die Bauarbeiten gab. Einzig die lokalen Geschäfte spüren zum Teil den Ausfall der Laufkundschaft.
Die Bauarbeiten dauern noch etwas an
Nach Abschluss der Sanierung der Ortsdurchfahrt Stedtli folgt ab August 2025 das zweite Kernstück des Projekts, der Neubau der Sensebrücke. Voraussichtlich Ende 2028 wird dann der letzte Abschnitt der Bauumfahrung West zurückgebaut und das Projekt abgeschlossen sein. Der genehmigte Ausführungskredit für die Teilprojekte des Kantons beträgt 28.4 Millionen Franken. Lorenz Schneider hat Freude am Jahrhundertprojekt: «Die Kombination der verschiedenen Fachbereiche Strassen- und Werkleitungs-, Wasser- und Brückenbau auf engstem Raum macht das Projekt einmalig und verschafft Laupen ein ganzheitliches neues Gewand, damit der Ort auch in den kommenden Jahrzehnten attraktiv bleibt.»


Hochwasserschutz im Kiesental: Gemeinschaftsprojekt mit langer Vorgeschichte
Der Hochwasserschutz im Kiesental ist das Ergebnis jahrzehntelanger Bemühungen, die Bevölkerung und die Infrastruktur vor den immer wiederkehrenden Hochwassern der Chise zu schützen. Einige Massnahmen konnten erfolgreich umgesetzt werden, in Konolfingen im Gebiet Hünigenmoos jedoch blieb die Situation verfahren. In einem partizipativen Risikodialog unter der Leitung des TBA konnte nun innerhalb eines Jahres mit allen Interessengruppen ein umfassendes und breit abgestütztes Schutzkonzept entwickelt werden.
Von der Idee zur Umsetzung
Die Geschichte des Hochwasserschutzes im Kiesental reicht bis in die 1980er Jahre zurück, als die Gemeinde Konolfingen und die umliegenden Orte nach einer Überschwemmung erstmals den Handlungsbedarf erkannten. Besonders gefährdet ist der Abschnitt zwischen Mirchel und Konolfingen, das sogenannte Hünigenmoos.

In den 1990er Jahren wurden neue Studien vorgelegt, doch scheiterten diese an unterschiedlichen Interessen und Einsprachen aus der Bevölkerung.
Auf Basis neuer gesetzlicher Grundlagen wurde zwischen 2000 und 2003 unter der Leitung des kantonalen Tiefbauamtes ein erstes umfassendes Hochwasserschutzkonzept für die Chise erarbeitet, das fortan die Grundlage für alle Bauprojekte innerhalb des definierten Gebiets bildete. Ein Teil des Konzepts wurde mit der Realisierung des Hochwasserrückhaltebeckens Groggenmoos oberhalb Zäziwil bereits umgesetzt. «Die Wasserbauplanungen für die Ortschaften Konolfingen und Kiesen erhielten schliesslich im Herbst 2024 die notwendige Genehmigung», präzisiert Adrian Fahrni, Projektleiter Wasserbau OIK II.
Diese Planungen genügen jedoch noch nicht, um das Siedlungsgebiet von Konolfingen und das untere Kiesental wirksam vor Hochwassern zu schützen. Das geplante Rückhaltebecken im Hünigenmoos sollte diese Lücke schliessen, stiess aber auf grossen Widerstand. Adrian Fahrni erklärt, dass sich zudem grosse technische Herausforderungen ergeben hätten, die zu einer Sistierung der laufenden Planung geführt hatten.
Der Weg zum akzeptierten Risiko
Im Jahr 2023 hat das Tiefbauamt einen neuen Anlauf unternommen und nach dem Motto «Reise zum akzeptierbaren Risiko» einen Risikodialog in Konolfingen gestartet.
An vier Workshops, die zwischen Januar und Dezember 2024 stattfanden, nahmen bis zu 40 Personen aktiv teil. Ziel war es, alle Interessengruppen an einen Tisch zu bringen, um die Hochwassergefahren und die möglichen Folgen für das Gemeindegebiet bewusst zu machen, sich über die tragbaren Risiken zu verständigen und sich auf weitere Risikominderungsmassnahmen zu einigen.
Neben Vertretungen der Parteien waren auch Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer, Landwirte, Gewerbetreibende und weitere Interessierte eingebunden. In dem gesamten Prozess wurden die Beteiligten von einem Leitungsteam begleitet. Jede einzelne Massnahme wurde in Interessengruppen diskutiert und bewertet. Projektleiter Fahrni nennt diesen Prozess ein demokratisches Paradebeispiel, bei dem die wichtigsten Entscheidungen gemeinsam getroffen wurden. «Diesen echten Dialogen verdanken wir, dass es endlich mit dem Hochwasserschutz vorwärtsgeht, und wir zu einem für alle tragbaren Risiko hinarbeiten können.»
Projektidee
Die einzelnen Massnahmen aus der Kurzbeschreibung der Projektidee lauten wie folgt:
- Die Verlegung des Mühlibach (Vergrösserung des Abflussquerschnittes)
- Ausbau der Chise auf die doppelte Abflusskapazität (zwei Varianten)
2. a) entlang Kantonsstrasse
2. b) Verlegung in den Geländetiefpunkt
- Gewässerunterhalt gemäss neu erarbeitetem Gewässerunterhaltskonzept
- Rückhaltebecken Hünigenmoos, mit Rückhalt für ein 30-jähriges Hochwasser im Siedlungsgebiet Konolfingen
4. a) Rückhaltebecken
4. b) Überflutungsgebiete gem. Wasserbaugesetz
- Massnahmen zum Objektschutz (bspw. für sensible Bauten)
- Vergrösserung Abflusskapazität Hünigenbach und Unterlauf Gewerbekanal
- Entlastung Hünigenbach
Das Resultat des Risikodialogs wird nun durch den Wasserbauverband Chisebach weiterentwickelt. In der Erarbeitung des Wasserbauplans sind ebenfalls Mitwirkungsanlässe vorgesehen.

Warum das Projekt so wichtig ist
Der Projektleiter ist vom Prozess und dem Ergebnis begeistert: «Die Umsetzung der geplanten Massnahmen wird die Region langfristig vor den Folgen von Hochwasser schützen und die Lebensqualität der Bevölkerung sichern.» Darüber hinaus dient das Projekt im Kiesental als vorbildliches Beispiel für nachhaltige Planung und partizipative Umsetzung.