Logo Kanton Bern / Canton de BerneBau- und Verkehrsdirektion

TBAupdate - September 2024

  • Newsletter vom September 2024

Eröffnung Pannenstreifenumnutzung A6

Bild: ASTRA

Die Pannenstreifen-Umnutzung (PUN) ist eine der Massnahmen des Bundes gegen die Verkehrsüberlastung auf den Nationalstrassen. Dabei werden Pannenstreifen so umgebaut, dass Fahrzeuge diese in Spitzenzeiten als Fahrstreifen nutzen können. Das verflüssigt den Verkehr, erhöht die Sicherheit und reduziert die Umweltbelastung. Im Kanton Bern wurde kürzlich die erste PUN zwischen Bern-Wankdorf und Muri in Betrieb genommen.

Die erste PUN wurde auf der A1 am Genfersee auf dem Abschnitt zwischen Morges und Ecublens als Pilotversuch realisiert. Die Erfahrungen sind positiv und zeigen, dass sich der Verkehrsfluss bei freigegebenem Pannenstreifen verbessert und es weniger zu Stau kommt. Auch die Unfallrate konnte gesenkt werden. Zudem ist der Schadstoffausstoss in unmittelbarer Strassennähe zurückgegangen und die Lärmbelastung ist deutlich verringert. Die Umnutzung erfolgt jeweils temporär während der Hauptverkehrszeiten auf besonders belasteten Abschnitten. Sie hat zum Ziel, die Reisezeiten zu stabilisieren, also Staus und Stockungen zu verhindern und gleichzeitig die Sicherheit zu verbessern.

Der Pannenstreifen ist zur Nutzung freigegeben (Bild: ASTRA)

Funktionsweise der PUN

Die Steuerung des Verkehrs geschieht über elektronische Wechselsignale. Bei eingeschalteter PUN (d. h. der Pannenstreifen darf befahren werden) stehen für Fahrzeuge mit Pannen Nothaltebuchten zur Verfügung.
«Verschiedene Kameras und Sensoren messen laufend das Verkehrsaufkommen. Wird ein kritischer Wert überschritten, werden die Pannenstreifen als Fahrbahnen freigegeben. Gleichzeitig wird die Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h herabgesetzt. Die elektronischen Anzeigen weisen entsprechend darauf hin», erklärt Andri Sinzig, Bereichsleiter Projektmanagement Nord, im Bundesamt für Strassen (ASTRA), Filiale Thun. Die ausgezogene Linie des Pannenstreifens darf nun überfahren werden, rechts Überholen ist jedoch auch weiterhin nicht gestattet. Im Normalfall, also ohne Hinweis auf der elektronischen Hinweistafel, behalten die Pannenstreifen ihre ursprüngliche Funktion bei und dürfen nicht befahren werden.

Das Beispiel der neuen Signalisation (siehe Abbildung) auf Höhe der Postfinance-Arena des Autobahnabschnitts Bern-Wankdorf–Muri, bei dem bisher so gut wie jeden Abend ein grösserer Rückstau entstanden ist, macht deutlich, wie bei eingeschalteter PUN Fahrzeuge künftig auf dem Pannenstreifen weiterfahren können.

Signalisation Höhe Postfinance-Arena im Berner Wankdorf (Bild: ASTRA)
Ausgeschaltete PUN auf der A6 (Bild: TBA)

Ein aufwändiger Bau

«Bevor PUN auf der A6 installiert werden konnte, musste der Pannenstreifen für die neue Belastung fit gemacht werden und zahlreiche Anlageteile samt Brücken und Überführungen saniert werden. Ist PUN einmal im Betrieb, fehlt dazu der Platz», so Sinzig. Die Arbeiten dauerten gut drei Jahre und konnten in diesem Sommer abgeschlossen werden.

Ausbau des Pannenstreifens auf der A6 (Bild: TBA)
Während der dreijährigen Bauzeit wurde es eng auf der A6 (Bild: TBA)
Belagseinbau auf der A6 (Bild: TBA)

Aufgaben des Tiefbauamtes beim PUN

Die anfallenden Strassenunterhaltsarbeiten sind für das TBA nun deutlich schwieriger zu planen und durchzuführen, da der Pannenstreifen nicht mehr vorbehaltslos zur Verfügung steht. «Die grösste Herausforderung für die Unterhalts- und Reinigungsarbeit ist die fehlende Planbarkeit», erklärt Bruno Kropf, Leiter Betrieb in der Abteilung Nationalstrassenbetrieb (Gebietseinheit 1). Auch das TBA muss zunächst Erfahrung sammeln, wie und wann die Unterhaltsarbeiten künftig durchgeführt werden können. Bisher wurden diese mit viel Vorlauf geplant. Wenn sie nun durch eine ungeplante PUN ausfallen, müssen Ersatztermine gefunden werden. «Wir haben uns mit den Kolleginnen und Kollegen des TBA Kanton Waadt ausgetauscht, wie die Arbeit dort trotz PUN umgesetzt wird», so Bruno Kropf. Auch der Winterdienst wird sich mit der PUN verändern. Es steht deutlich weniger Platz zur Verfügung, so dass der mit der Schneefräse entfernte Schnee möglicherweise per Lastwagen abgeführt werden muss.
Feststeht, dass die PUN in Zukunft manuell gesteuert wird, wenn Unterhaltsarbeiten stattfinden und dass gewisse Sperrzeiten für die Unterhaltsarbeiten gelten werden. Eine schnelle Veränderung der Verkehrssituation kann auch zu Änderung bei der Durchführung der Unterhaltsarbeiten führen, so dass die Nationalstrasse innerhalb kürzester Frist von den Unterhaltsfahrzeugen verlassen werden muss. In diesem Fall wird das TBA direkt von der regionalen Einsatzzentrale der Polizei oder der Verkehrsmanagementzentrale des ASTRA in Emmen informiert, die den Verkehr laufend überwacht.

Im Gespräch: «PUN auf der A6: Die grösste Herausforderung wird der Umgang mit den komplexen Anlagen sein»

Daniel Märki, Leiter Betriebs- und Sicherheitsausrüstung in der Abteilung Nationalstrassenbetrieb des TBA und Andri Sinzig, Bereichsleiter Projektmanagement Nord im ASTRA (Filiale Thun), erzählen von der Inbetriebnahme und den Herausforderungen mit der Pannenstreifenumnutzung (PUN) auf der Autobahn A6 zwischen Bern-Wankdorf und Muri, die im August in Betrieb genommen wurde und den Verkehrsfluss rund um Bern verbessern soll.

Herr Sinzig, warum hat man sich für PUN auf genau diesem Abschnitt der A6 entschieden?

Sinzig: Mit der Pannenstreifenumnutzung (PUN) können wir auf einer stark befahrenen und stauanfälligen Strecke wie dieser kurz- bis mittelfristig Linderung bringen, bis ein Ausbauprojekt realisiert werden kann, das in unserem strategischen Entwicklungsprogramm der Nationalstrassen festgelegt ist. In diesem Fall wäre das der Bypass Bern Ost.

 

Welche Planungen gibt es hinsichtlich anderer Verkehrsengpässe rund um Bern?

Sinzig: Der Verkehr wurde systematisch rund um Bern analysiert. Für diesen Bereich auf der A6 war die PUN die beste Lösung und wird vorerst im Kanton Bern die einzige bleiben. Auch die anderen Engpässe auf den Nationalstrassen des Kantons Bern wurden untersucht und Massnahmen geprüft.

 

Wie funktioniert die Freigabe der PUN?

Sinzig: In der Verkehrsmanagementzentrale (VMZ) in Emmen wird der Verkehr zwischen Bern-Wankdorf und Muri mittels der installierten Kamerasysteme und Sensoren (Radar, Infrarot, Ultraschall) gemessen. Es wird berechnet, ob die Verkehrsschwelle für die Öffnung der PUN erreicht ist. Nach einer automatischen Meldung prüft eine Person in der VMZ mit Hilfe der Kameras, ob die Freigabe auch tatsächlich erfolgen kann und keine Hindernisse auf der Fahrbahn zu erkennen sind.

Märki: Wenn der Pannenstreifen frei ist, wird durch die elektronische Signalisation zuerst die Geschwindigkeit gedrosselt und dann die Spur freigegeben.

Sinzig: Die finale Freigabe des Pannenstreifens erfolgt letztendlich immer manuell durch einen Menschen und nicht automatisiert durch einen Computer.

 

Wie ist die Planung für die Inbetriebnahme der PUN?

Sinzig: Aufgrund der Sommerferien wurde die PUN erst am Montag, 12. August 2024 im Betrieb genommen. Nach einem zweiwöchigen Betrieb mit Fixzeiten wird die Anlage verkehrsabhängig betrieben. Damit das System sauber eingestellt werden kann, folgt eine mehrwöchiger Testbetrieb. Die Anlage sollte im Herbst fehlerfrei funktionieren, sodass wir mit einem Verkehrsmonitoring beginnen können.

 

Gab es bereits Reaktionen von Verkehrsteilnehmenden beim ASTRA oder TBA?

Sinzig: Wir erhalten bei solchen Änderungen jeweils direkt Rückmeldungen oder Fragen von Verkehrsteilnehmenden.

Märki: Auch wir erhalten regelmässig Reaktionen auf unsere Einsätze aus der Bevölkerung. Wir sprechen uns jeweils miteinander ab, wer von uns darauf reagiert.

 

Was passiert bei einem Unfall auf diesem Abschnitt der A6?

Sinzig: Im Ereignisfall ist die Polizei zuständig und entscheidet über die Signalisation und über die Sperrung von Fahr- oder Pannenstreifen, wie man es im Video ab 2:44 min sieht.

Pannenstreifenumnutzung (PUN) - YouTube

Märki: Dann kommt auch das TBA zum Einsatz. Die Polizei bietet uns auf, um beispielsweise die Unfallstelle zu reinigen. Wir erhalten bei einer Unfallmeldung auch häufig Anfragen der Polizei für die Kamerabilder. Diese werden für einen begrenzten Zeitraum gespeichert und danach gelöscht, so wie es gesetzlich vorgegeben ist. Wir dürfen diese Aufnahmen nur auf polizeiliche Anforderung herausgeben.

 

Wie wird das PUN-System kontrolliert?

Sinzig: Es gibt ein sogenanntes Logbuch, in dem alle Systemdaten und Eingriffe in das PUN-Überwachungssystem genau dokumentiert und bei Bedarf zurückverfolgt werden.

Märki: Das Überwachungssystem kann nicht übersteuert werden. Wenn z. B. die Polizei im PUN-Überwachungssystem eingestellt hat, dass ein Unfall geschehen ist, könnten wir vom TBA in dieser Zeit nicht auf «Unterhaltsmassnahmen» umstellen, um einen Heckenschnitt durchführen.

 

Was sind die grössten Herausforderungen für das TBA?

Märki: Unsere Aufgabe ist zum einen die Sicherstellung der Funktionstüchtigkeit der Nationalstrasse (Reinigung, Grünpflege, Winterdienst etc.) und zum anderen Wartung, Unterhalt und Störungsbehebung der Betriebs- und Sicherheitsanlagen wie Kameras oder Sensoren. Die grösste Herausforderung wird der Umgang mit den komplexen Anlagen und möglichen technischen Störungen sein. Für die Reparatur sind wir als Betreiber zuständig. Unsere Pikettperson muss dann alle Kameras, Signale und Verkehrsmessungen überprüfen. Danach wird entschieden, ob wir diese mit unseren Technikern selbst lösen können oder Hilfe von Dritten benötigen. Es erfolgen telefonische Absprachen zwischen dem TBA, der VMZ und der regionalen Einsatzzentrale der Polizei.

 

Welche Auswirkungen hat die PUN auf Unterhalt, Reinigung der Betriebs- und Sicherheitsanlagen (BSA)?

Märki: Wir müssen zunächst Erfahrungen sammeln, wie wir die Unterhaltsintervalle künftig planen können, dies muss natürlich in den verkehrsärmeren Zeiten sein. Eine Sperrung ist immer mit viel Aufwand und Kosten verbunden und muss deshalb sehr gut geplant sein.

 

Welche Absprachen sind künftig zwischen den Beteiligten notwendig?

Sinzig: Unsere Aufgabe als Eigentümer der PUN ist zunächst die Einstellung des PUN-Überwachungssystems in einen Idealzustand.

Märki: Wir übernehmen die Anlage als Betreiber erst, wenn sie vollständig in Betrieb ist. Danach müssen wir uns für sowohl im Ereignisfall als auch für Wartung, Unterhalt und technische Ereignisse mit der VMZ und dem ASTRA absprechen. Wir können sowohl den betrieblichen Unterhalt als auch den Unterhalt der BSA-Anlagen nur in bestimmten Zeitfenstern durchführen, denn es gibt Sperrzeiten, in denen keine solche Tätigkeiten möglich sind.

Sinzig: Generell kann man sagen, dass die Zeitfenster für solche Arbeiten immer enger werden. Gerade deshalb ist es wichtig, vorausschauend zu denken und bereits heute Projekte für den Verkehr von morgen zu planen, damit die Unterhaltsarbeiten überhaupt noch möglich sind. Das Strategische Entwicklungsprogramm (STEP) Nationalstrassen ist unsere Antwort darauf. Neben der Sicherstellung der Unterhaltsfähigkeit soll mit den STEP-Projekten der durch den Stau auf den Nationstrassen auf das untergeordnete Netz verdrängte Verkehr zurückverlagert werden.

Pannenstreifenumnutzung zwischen Bern-Wankdorf und Muri im Überblick (Bild: ASTRA)
Elektronische Signale zeigen an, dass der Pannenstreifen benutzt werden darf (Bild: TBA)

Bachdurchlässe: Kontrolle, wo der Bach verschwindet

Bild: Pierre-André Bögli

Rund ein Fünftel der Schweizer Flüsse und Bäche befinden sich im Kanton Bern. Das TBA unterstützt die Gemeinden bei der Instandhaltung und Kontrolle von Bachdurchlässen.
Alle fünf Jahre werden Durchlässe im nördlichen Teil des Kantons Bern kontrolliert, wenn möglich und sofern sie zugänglich sind, durch persönliche Begehungen.

Unterquert ein Gewässer eine Kantonsstrasse, so ist das TBA zuständig für die Kontrolle und die Instandhaltung der sogenannten Bachdurchlässe. Funktionierende Bachdurchlässe sind wichtig, können doch Verstopfungen zu Überschwemmungen im Siedlungsgebiet und Landwirtschaftsland führen und Schäden verursachen. Alle fünf Jahre werden deshalb die grösseren, zugänglichen Durchlässe kontrolliert. Zuständig dafür ist im nördlichen Kantonsteil Pierre-André Boegli, Inspektor für Kunstbauten in der Abteilung Nationalstrassenbetrieb, der die Kontrolle in Zusammenarbeit mit den Strasseninspektoraten wahrnimmt. Fast jeden Tag läuft Pierre-André Boegli einen Bachlauf ab und kontrolliert das Mauerwerk, den Beton oder die Stahlkonstruktion auf Erosionen und Risse. «Durch Hammerschläge kann ich spüren, ob die Mauer noch intakt ist», erzählt er. Nach der Inspektion dokumentiert er die Schwachstellen für die Zustandsanalyse und beurteilt die Bauelemente (wie z. B. Dichtigkeit, Zustand der Struktur, Abnutzung). Zusammen mit seinem Arbeitskollegen Sebastian Erler, der für den südlichen Kantonsteil zuständig ist, geben sie Empfehlungen mit den zu treffenden Massnahmen ab: Kleinere Sanierungen, wie zum Beispiel das Entfernen von Fremdkörpern im Durchgang oder das Entfernen von Kalkablagerungen, werden vom Strasseninspektorat aus organisiert, grössere Sanierungen werden von den Projektleitenden des Oberingenieurkreises geleitet.

Das Mobiltelefon überwacht die Einsätze

Normalerweise sind Inspektoren bei ihren Einsätzen zu zweit unterwegs. Nicht nur, weil vier Augen mehr sehen, sondern auch aus Sicherheitsgründen. Trotzdem gibt es immer wieder Begehungen, die allein vorgenommen werden müssen, dann wird das Handy zur Überwachung eingesetzt. Auf einer entsprechenden App wird eine Zeitspanne für die Begehung festgelegt. Wird der Alarm nicht innerhalb einer bestimmten Zeit durch den im Einsatz stehenden Inspektor deaktiviert, wird ein Alarm ausgelöst und die Rettungskette angestossen. Angst vor den Begehungen hat Bögli keine, aber für ihn ist klar, dass bei Inspektionen in unterirdischen Bachdurchgängen immer ein gewisses Risiko besteht.

Bachdurchlässe, ein vielfältiges Schutzsystem

Bachdurchlässe sind ein wichtiger Bestandteil des Hochwasserschutzes und der Wasserwirtschaft. Sie sorgen dafür, dass das Wasser in seinem natürlichen Lauf bleiben kann und sich nicht aufstaut. Sie sind somit ein unverzichtbarer Teil der Infrastruktur und schützen Strassen, Eisenbahnlinien und andere Bauwerke vor Schäden, die das Wasser verursachen könnte. In ländlichen Gebieten und Bergregionen dienen Bachdurchlässe der Sicherung der Verkehrsinfrastruktur und sorgen dafür, dass Strassen und Wege auch bei starken Regenfällen oder Schneeschmelze befahrbar bleiben.
Bachdurchlässe ermöglichen es Tieren, sich entlang von Wasserläufen zu bewegen. Sie tragen ausserdem dazu bei, Lebensräume miteinander zu verbinden und die biologische Artenvielfalt zu erhalten.

Digitalisierte Daten sind wichtig

Seit über zwanzig Jahren werden die Bachdurchlässe in der Fachapplikation InfKUBA erfasst und bewirtschaftet und alle Interventionen und Kontrollen erfasst. Im Tool können digitale Karten dargestellt und zahlreiche Informationen, z. B. Inspektionsberichte und Bilder, hinterlegt werden. InfKUBA stellt eine wesentliche Grundlage für die Inspektions- und Unterhaltsplanung dieser wichtigen Bauwerke dar.

Bildschirmfoto einer Zeitachse im InfKuba-System (Bild: Pierre-André Bögli - InfKuba System © Unit Solutions AG)

Auch Informationen über die Eigentumsverhältnisse sind in InfKuba ersichtlich. Damit sind nicht die Besitzverhältnisse des Wasserlaufs, sondern die der darüber liegenden Gebäude gemeint.

Besuche via Drohne oder Taucher

Nicht alle Bachdurchlässe sind für die Inspektoren zugänglich. Manchmal sind die Zugänge zu klein, d. h. sie haben einen Durchmesser von weniger als einem Meter oder der Zugang ist auf andere Weise versperrt. In diesen Fällen müssen andere Lösungen für die Kontrolle gefunden werden. Pierre-André Bögli berichtet von den Tests mit Drohnen, die in solchen Fällen durchgeführt wurden: «Zusammen mit dem Drohnenpiloten schaue ich mir die Bilder in Echtzeit an und zeige an, wo Fotos benötigt werden. Danach betrachte ich das Bild noch einmal in Ruhe in meinem Büro. Die grössten Schwachstellen bei Drohnenaufnahmen sind die fehlende Möglichkeit des manuellen Abtastens und der fehlende Klang des Hammers auf dem Mauerwerk.»

Analog zu den Drohnenbegehungen werden Bachdurchlässe mit einem Einstieg unter Wasser von externen Berufstauchern durchgeführt. Auch hier werden, wie bei den Kanalvermessungen, mit Hilfe von Kameras Aufnahmen gemacht. Diese werden dann in aufwendiger Handarbeit gesichtet. Die Schwachpunkte dieser Begehungen sind identisch mit denen der Drohnenaufnahmen. Ausserdem wird die Sicht durch Wasser getrübt, was die Kontrolle noch schwieriger macht.

Bachdurchlass Gewerbebach Lützelflüh: Die Inspektions-Aufnahme zeigt Lochfrass an der Untersicht auf der ganzen Fläche. (Bild: Pierre-André Bögli)

Uferschutz an der Aare: Sanieren nach Plan

Bild: Pixmap im Auftrag des Kantons Bern

Die Aare ist seit dem Jahr 2015 ein kantonales Gewässer. In Städten wie Thun verläuft sie zwischen Ufermauern, die teilweise sanierungsbedürftig sind. Der Kanton Bern erarbeitet deshalb ein Gesamtkonzept, das den Zustand der Mauern aufzeigt und die Zuständigkeiten regelt. Weiter gibt es Auskunft, welche Bauarten und Materialien der Ortsbildschutz im Fall einer Sanierung zulässt. Und zwar im Voraus und nicht erst dann, wenn die Zeit drängt.

Spätestens Ende 2024 soll das Gesamtkonzept vorliegen, so Projektleiter Bruno Gerber vom Oberingenieurkreis II. Das Konzept ist nicht nur eine Investition in den Erhalt des Uferschutzes. Es zeigt auch auf, wie bei einer Sanierung mit einfachen Massnahmen Lebensräume für Tiere und Pflanzen geschaffen werden können.

Hochwasserschutz in der Stadt

Hochwasserschutz findet meist in ländlichen Gebieten entlang der Aare statt. In Thun fliesst das Wasser aus dem Thunersee in der inneren und äusseren Aare durch dicht besiedeltes Gebiet. Die Aare wird darum durch Ufermauern eingefasst. Diese dienen einerseits dem Hochwasserschutz. Andererseits stützen sie Häuser, Promenaden, Terrassen und auch eine stark befahrene Strasse. Die Mauern sind zum grössten Teil im Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) und müssen deshalb in ihrem Erscheinungsbild erhalten bleiben.
Bruno Gerber ist es wichtig, für den Fall der Fälle gewappnet zu sein: «Stellen wir an einer Ufermauer Schäden fest, die sofort behoben werden müssen, wollen wir nicht erst darüber diskutieren, welche Gesteinsart und welche Mauertechnik in diesem Abschnitt eingesetzt werden darf.» Auch die verschiedenen Zuständigkeiten und der Kostenteiler sollen im Vorfeld geklärt werden. Das Konzept zeigt darum auf, in welchem Abschnitt welcher Mauertyp zum Einsatz kommen soll und legt dabei Materialisierung, Bautechnik und mögliche «ökologischen» Aufwertungsmassnahmen fest.
 

Gebäude entlang der äusseren Aare (Bild: Pixmap im Auftrag des Kantons Bern)

Geplant und in Etappen sanieren

Für Bruno Gerber ist wichtig, vorausschauend zu handeln, damit man nicht überrumpelt wird, wenn ein Schaden auftritt: «Das Konzept bildet eine Gesamtübersicht, die langfristig von Nutzen ist. Die Informationen sind in digitaler Form in einem geografischen Informationssystem hinterlegt», erklärt Gerber. Darin ist der aktuelle Zustand der Ufermauern ersichtlich, der nach abgeschlossener Sanierung entsprechend angepasst wird. «Um die Kosten für die Sanierungen zu minimieren, wollen wir vorgängig klären, bei welcher Abschnittslänge der Laufmeterpreis am günstigsten ist. Die Abschnitte können anschliessend nach Prioritäten in einen Sanierungsplan eingefügt werden. So können wir die zu erwartenden Kosten auf die Jahre verteilen und in der Finanzplanung berücksichtigen», so Gerber weiter.

Die Ufermauern am Brahmsquai (Bild: Pixmap im Auftrag des Kantons Bern)

Hochwasserschutz und mehr

Neben der Gewährleistung des Hochwasser- und Denkmalschutzes gibt es noch viele weitere Ansprüche, die beim Gesamtprojekt zu berücksichtigen sind. Darin lag für Bruno Gerber die grösste Herausforderung: «Im Gesamtkonzept möchten wir die verschiedenen Ansprüche abbilden und am liebsten auch allen gerecht werden.» Aus Hochwasserschutzgründen müssen die Mauern hoch genug sein, aus städtebaulicher Sicht hat das Erscheinungsbild Vorrang und aus ökologischen Überlegungen sollten die Ufermauern Lücken für Pflanzen, Insekten und Vögel haben und Wurzelstöcke am Mauerfuss als Unterschlupf für Fische dienen..

In einem nächsten Schritt wird das Sanierungskonzept den Anstössergemeinden, Amtsstellen, Naturschutzorganisationen und weiteren Anspruchsgruppen vorgestellt. Nach einer allfälligen Bereinigung wird es dann unter www.be.ch/aare für die Öffentlichkeit zugänglich.

Kartenausschnitt der Aare im Bereich der Stadt Thun (Bild: www.admin.ch)

Neue Verbindung nach Beatenberg

Bild: Mätzener & Wyss Bauingenieure AG

Die Brücke der Kantonsstrasse über den Sundgraben nach Beatenberg beim Dorfteil Waldegg ist in schlechtem Zustand und die Tragfähigkeit ist ungenügend. Sie soll deshalb ersetzt werden. Die neue spektakuläre Spannbetonbrücke wird den Sagigraben in einer grosszügigen Kurve in einer Höhe von 40 Metern überqueren. Sie soll im Spätsommer 2025
für den Verkehr freigegeben werden.

«Die bestehenden Lehnenbrücken und die Brücke über den Sundgraben hätten verstärkt und instandgesetzt werden müssen. Doch vor allem das eindringende Salzwasser hat den insgesamt 450 Meter langen Kunstbauten in den vergangenen knapp 50 Jahren derart zugesetzt, dass eine neue, etwa gleich teure Brücke mit einer Länge von 150 Metern sinnvoller ist», sagte Regierungsrat Christoph Neuhaus, Bau- und Verkehrsdirektor des Kantons Bern, anlässlich des Spatenstichs im Juni 2023. Er ist überzeugt, dass sich die Investition von rund CHF 16 Millionen auszahlen wird: Durch den Neubau mit seinem einfachen und robusten Tragwerk können die dreimal so langen und im Unterhalt sehr anspruchsvollen bestehenden Kunstbauten zurückgebaut werden.

Visualisierung der neuen Sagigrabenbrücke (Bild: BVD)

Verbindung zweier Dorfteile

Der Gemeindepräsident von Beatenberg, Roland Noirjean, freut sich: «Diese Brücke stellt eine sehr wichtige Verbindung zwischen unseren Dorfteilen Waldegg und Spirenwald-Schmocken her, die nun noch kürzer und direkter wird als bisher.» Die vom privaten und öffentlichen Verkehr stark frequentierte Strecke wird durch den Velostreifen auf der Bergspur für alle, insbesondere aber für die Schulkinder, verkehrssicherer.
Während der Bauzeit ist die Kantonsstrasse im Bereich der Brücke nur einspurig im Wechselverkehr befahrbar, der Verkehr wird während der Bauzeit mit einer Lichtsignalanlage geregelt. «In den Sommermonaten wird der Überbau der Brücke errichtet, d. h. die Brückenplatte, auf der später die Fahrbahn liegt», erklärt Oberbauleiter Daniel Kunz. Durch den Hohlkasten der Brücke wird auch die neue Wasserleitung der Gemeinde geführt. Zudem werden neue Werkleitungen der BKW und der Swisscom durch die Brücke verlegt.

Ersatz Sundgrabenbrücke beim Sagigraben, Beatenberg (Bild: BVD)

Mit Teamwork gegen die schwierige Geologie

Projektleiter Stephan Janssen vom Oberingenieurkreis I sieht die grössten Herausforderungen bei diesem Projekt in der Geologie und dem sportlichen Zeitplan. In den bis zu 15 Metern tiefen Schächten der Brückenpfeiler traten Wassereinbrüche auf: «Wir mussten herausfinden, wie wir die Wassereinbrüche meistern können und wie viel Wasser noch kommt.» In Teamarbeit wurde eine Möglichkeit zur Abdichtung der Wassereinbrüche gefunden. «Zusammen mit dem Ingenieur, dem Bauunternehmer und dem Geologen haben wir eine gemeinsame Lösung entwickelt, um in dieser schwierigen Geologie zu arbeiten. Diese engagierte Zusammenarbeit macht Freude», erklärt Janssen. Eine weitere Herausforderung war - wie bei jedem Brückenbau - die Terminkoordination. Es ist wichtig, sich im Voraus Gedanken über den Ausgangspunkt und den Ablauf der Arbeiten zu machen, damit alles wie geplant ablaufen kann. Die Abhängigkeiten der einzelnen Bauteile müssen genau aufeinander abgestimmt sein und auch Unvorhergesehenes wie die Wassereinbrüche in die Schächte müssen berücksichtigt werden, um massive Kostenfolgen zu vermeiden.

Bau der Fahrbahn (Bild: Mätzener & Wyss Bauingenieure AG)
Blick in den Fundamentschacht eines Brückenpfeilers (Bild: BVD)

Ein offenes Ohr für die Bevölkerung

Wichtig ist Stephan Janssen hinzuhören, um eventuelle Probleme oder Unzufriedenheiten in der Bevölkerung und der Gemeinde zu lösen, bevor sie entstehen. «Wir bauen die Brücke für die Menschen, die dort leben, deshalb ist es uns wichtig, ihnen zuzuhören», betont er.
Nach der Eröffnung der Brücke ist der Rückbau der heutigen Sundgrabenbrücke und der Lehnenkonstruktionen geplant. Die Anschlüsse an die bestehende Strasse werden bis voraussichtlich Ende 2025 fertigerstellt, so dass während dieser Zeit noch mit Einschränkungen für den Verkehr zu rechnen ist. Im Anschluss daran übergibt der Kanton die verbleibende einspurige Strasse an die Gemeinde Beatenberg.

Einer der Brückenpfeiler im Frühlingsschneefall (Bild: Bänziger Partner AG)
Der Brückenüberbau schreitet voran (Bild: Mätzener & Wyss Bauingenieure AG)
Seite teilen