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TBAupdate - September 2023

  • Newsletter vom September 2023

Mountainbike-Routen werden gefördert

Immer mehr Velobegeisterte frönen dem Fahren abseits asphaltierter Wege. Mountainbiken liegt im Trend und wird vor allem in Tourismusgebieten mehr und mehr zum Wirtschaftsfaktor. Der Kanton Bern will deshalb Mountainbike-Routen den übrigen Velorouten gleichstellen und sie mit Beiträgen fördern. Dazu läuft aktuell eine Revision des kantonalen Strassengesetzes.

Diese Gleichstellung fordert auch eine Motion im Grossen Rat, die 2019 eingereicht worden ist. Darin wird die Qualität der bestehenden Mountainbike-Routen bemängelt und auch die Sorge geäussert, dass der Kanton Bern gegenüber anderen Tourismuskantonen wie Graubünden oder Wallis ins Hintertreffen gerät. So habe man im Bündnerland bereits früh und erfolgreich auf die Karte Mountainbike gesetzt und ein grosses Netz von Mountainbike-Routen ausgeschildert. Im Kanton Bern sei es bisher nicht gelungen, ein zusammenhängendes, über Talschaften hinausführendes Routennetz zu schaffen.

Biker-Anliegen sind auf gutem Weg

In der Sommersession 2023 hat der Grosse Rat das revidierte Strassengesetz verabschiedet und unter anderem beschlossen, dass die Planung von Wanderwegen und Mountainbike-Routen künftig aufeinander abgestimmt und mit dem Grundsatz der Koexistenz durchgeführt werden. Mit dem Gesetz, das voraussichtlich am 1. Februar 2024 in Kraft tritt, erhält das Mountainbike im Kanton Bern einen neuen Status. Demnach legt der Kanton künftig wichtige Mountainbike-Routen (darunter werden solche mit sogenannter kantonaler Netzfunktion verstanden) im Sachplan des Velowegnetzes fest. Auf diesen Routen sorgt der Kanton für die Signalisation. Er leistet den Gemeinden und Regionen Beiträge sowohl an die regionalen Planungen solcher Routen wie auch an deren Realisierung. Die Gemeinden oder Regionen planen und bauen die Routen selber und auf freiwilliger Basis. Der Kanton kann sie dabei fachlich unterstützen. Für den Unterhalt der Routen sind ebenfalls die Gemeinden zuständig.

Koexistenz Biker - Wanderer
Je mehr Bikerinnen und Biker unterwegs sind, desto wichtiger wird das Signalisieren von Mountainbike-Routen auf dafür geeigneten Wegen. (Bild: Lenk-Simmental Tourismus)

Können Biker und Wanderer den Weg teilen?

Wandern und Velofahren sind tragende Säulen des Sommertourismus. Gerade auch das Mountainbiken gewinnt an Bedeutung, nicht nur in den Tourismusdestinationen, sondern auch in den Naherholungsgebieten der Agglomerationen. Je mehr Bikerinnen und Biker unterwegs sind, desto wichtiger wird das Signalisieren von Mountainbike-Routen auf dafür geeigneten Wegen. Denn nur so lassen sich Konflikte bei der gemeinsamen Nutzung vermeiden. Ausserdem dürfen auch die vielfältigen Funktionen von Wald, Landschaft und Natur nicht beeinträchtigt werden. Die Planung einer Route muss schliesslich auch die Bedürfnisse der betroffenen Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer berücksichtigen. Die Planung von Mountainbike-Routen ist daher anspruchsvoll. Das gilt besonders dann, wenn Routen über Wanderwege geführt werden sollen. Vor dem Hintergrund, dass die Schaffung neuer Wege oft mit grossen Schwierigkeiten verbunden ist, hat der Grosse Rat den Antrag der Bau-, Energie-, Verkehrs- und Raumplanungskommission angenommen und den Planungsgrundsatz der gemeinsamen Nutzung von Wanderwegen und Mountainbike-Routen im Strassengesetz verankert.

Dieser Grundsatz sieht vor, dass bei der Planung von einer möglichen gemeinsamen Nutzung ausgegangen werden soll. Ob diese Koexistenz möglich ist und welche allfälligen Massnahmen dazu notwendig sind, muss im Einzelfall anhand der Checkliste beurteilt werden, welche in der kantonalen «Arbeitshilfe Mountainbike» (vgl. Akkordeon unten) enthalten ist.

Schwierige Suche nach Kompromissen

Dass die Koexistenz von Biken und Wandern Konfliktpotenzial birgt, ist bekannt. Medien berichten von rücksichtslosen Rasern, die auf Wanderwegen andere Nutzer gefährden und den Weg und die Natur beschädigen. Umgekehrt klagen Biker über Unverständnis und Beschimpfungen sowie fehlende Angebote. Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer fürchten sich vor hohen Unterhaltskosten und der Haftung bei Unfällen. Um tragfähige Lösungen zu finden, braucht es eine sorgfältige Planung und den Einbezug aller Betroffenen. Der Kanton unterstützt die Lösungssuche auf verschiedenen Ebenen.

Ein runder Tisch, um Eckpunkte zu klären

Zum einen hat der Kanton vor kurzem die Arbeitshilfe Mountainbike (vgl. Kasten) neu aufgelegt, zum anderen hat er bereits anfangs 2021 einen runden Tisch mit den Interessenvertretern installiert, um mit ihnen nach einvernehmlichen Lösungen zu suchen. Unter der Leitung des Tiefbauamts sind in diesem Gremium verschiedene andere kantonale Ämter (Amt für Wirtschaft, Amt für Gemeinden und Raumordnung, Amt für Wald und Naturgefahren, Amt für Landwirtschaft und Natur), der bernische Gemeindeverband sowie der Verein Berner Wanderwege und die Interessengemeinschaft BEBike vertreten. «Die Erwartungshaltung ist hoch und die Meinungen gehen teils auseinander», sagt Stefan Studer, der den runden Tisch moderiert. «Einigkeit besteht darin, dass Routen für Wanderer und Mountainbikende so geplant und gebaut werden müssen, dass ein sicheres Nebeneinander möglich ist.» Und Markus Wyss, der mit den einschlägigen Organisationen die Arbeitshilfe Mountainbike überarbeitet hat, spricht von einer «anspruchsvollen Kompromisssuche».

Wo Wandernde und Bikende sich begegnen, ist gegenseitige Rücksichtnahme gefragt.

Proaktiv informieren

Das TBA nimmt die Neuauflage der Arbeitshilfe und die Revision des Strassengesetzes zum Anlass für eine Informationsoffensive: Ende März 2023 wurden die Geschäftsführenden der Regionalkonferenzen orientiert, im April wurde eine Medienmitteilung sowie ein offizieller Versand an die Gemeinden lanciert. Parallel dazu wurde auch eine TBA-interne Schulung durchgeführt. Im September 2023 veranstaltet das TBA ein sogenanntes «Webinar», an welchem die Arbeitshilfe und die neuen Bestimmungen zum Mountainbiken im revidierten Strassengesetz Kreisen vorgestellt werden. Angesprochen sind Bauverwaltungen, Gemeinderätinnen und Gemeinderäte sowie weitere Interessierte.

Es geht vorwärts

Nicht nur auf der gesetzlichen Ebene, auch bei der Planung und Umsetzung sind die Arbeiten im Gang. So laufen derzeit verschiedene regionale Mountainbike-Planungen mit dem Ziel, gebietsspezifische Angebote zu schaffen. Im Berner Jura ist der «plan directeur sectoriel VTT» sogar schon genehmigt und die Routen befinden sich in der Umsetzung. In anderen Regionen sind Planungen gerade gestartet, haben bereits eine öffentliche Mitwirkung durchlaufen oder befinden sich im Genehmigungsprozess bei den kantonalen Behörden.

Koexistenz Biker - Wanderer
Der Grundsatz der gemeinsamen Nutzung von Wanderwegen und Mountainbike-Routen ist ab 2024 im revidierten Strassengesetz verankert. (Bild: Lenk-Simmental Tourismus)

Weiterführende Informationen

Internet BVD > Themen > Mobilität > Velo- & Fussverkehr > Mountainbiken

Im Gespräch: «Es ist ein Privileg, Wege in der Natur nutzen zu dürfen»

Bei der Planung von Wanderwegen und Mountainbike-Routen wird im Kanton Bern ab 2024 der Grundsatz der gemeinsamen Wegnutzung gelten. Was heisst das für die Regionen und Gemeinden, die das neu revidierte Strassengesetz in der Praxis umsetzen müssen? Ein Gespräch mit Carmen Metzler von der Regionalkonferenz Emmental, Mathias Julen vom Planungsbüro ALPGIS und Nicolas Hofer vom Tiefbauamt des Kantons Bern.

Carmen Metzler ist Projektleiterin Planung und Verkehr bei der Regionalkonferenz Emmental; Mathias Julen (Bild Mitte), ALPGIS Raumentwicklung GmbH, ist in verschiedenen Regionen als MTB-Routenplaner tätig; Nicolas Hofer ist Co-Leiter der Fachstelle Langsamverkehr beim Tiefbauamt des Kantons Bern.

Frau Metzler, Herr Julen, welchen Stellenwert hat das Mountainbike (MTB) im touristischen Angebot und bei der Naherholung?

Carmen Metzler: Im Emmental haben wir ein gut ausgebautes Netz von Velo-Freizeitrouten, aber für das Mountainbike noch wenig anzubieten. Das hat zur Folge, dass die immer zahlreicheren MTB-Fahrenden an allen möglichen und unmöglichen Orten durchfahren. Diesem Wildwuchs wollen wir entgegenwirken. Ein erster Schritt ist getan: Teile des erarbeiteten Netzes von MTB-Routen werden nun in den Richtplan integriert.

Mathias Julen: Gemäss einer Studie des Bundesamts für Sport sind mittlerweile über 10 Prozent der Schweizer Bevölkerung mit dem Mountainbike unterwegs. Dabei wird das Bike für die Naherholung immer wichtiger. War Mountainbiken zu Beginn vor allem in Tourismusorten ein Thema, ist heute die Mehrheit der Bikenden regelmässig in der Nähe ihres Wohnorts unterwegs. Der Stellenwert ist je nach Region unterschiedlich, im Oberland dominiert der Tourismus, im Mittelland die Naherholung.


Wie steht der Kanton Bern im Vergleich zu anderen Kantonen punkto MTB-Infrastruktur da?

Nicolas Hofer: Punktuell gibt es im Kanton Bern attraktive Angebote. Sie sind oft auf private Initiative hin entstanden. Generell stellen wir aber einen erheblichen Nachholbedarf gegenüber Kantonen wie Wallis oder Graubünden fest. Dort ist das Bike vielerorts ein zentrales Element im Sommertourismus und die Dienstleistungskette darauf ausgerichtet (Routen, Bergbahnen, Bikeshops und Unterkünfte etc.).

Mathias Julen: Das Routennetz im Kanton Bern entspricht nicht mehr den Bedürfnissen der Mountainbikenden – der Sport hat sich weiterentwickelt. Im Berner Oberland ist der Nachholbedarf im Vergleich zu anderen alpinen Kantonen gross. Graubünden, Wallis, Uri machen uns vor, was allein schon als Grundangebot möglich wäre. Den Vergleich mit anderen Mittelland-Kantonen braucht Bern allerdings nicht zu scheuen, denn im bernischen Mittelland und in den Voralpen sind einige attraktive lokale Angebote entstanden. Diese zeigen das Potenzial und den Mehrwert von Naherholungsangeboten auf.


Was gehört zu einer «guten» MTB-Infrastruktur?

Nicolas Hofer: Allein schon was die Wege betrifft, ist die Bandbreite der Bedürfnisse enorm. Es gibt die klassischen Mountainbikenden, die das beschauliche Naturerlebnis suchen, es gibt jene, die gerne schweisstreibend auf den Berg hochpedalen und andere, die lieber in Vollmontur herunterrasen. Es gibt die Techniker, welche die Herausforderung auf Singletrails suchen und jene, die lieber breite Wege befahren. Alle diese Ansprüche abzudecken ist eine echte Herausforderung, zugleich aber auch die Chance, ein breites Publikum anzulocken.

Mathias Julen: Damit eine Route funktioniert, muss diese attraktiv sein und den Bedürfnissen der Mountainbikenden entsprechen, z. B. was den Anteil Naturbelag oder Singletrails betrifft. Es braucht einen der Zielgruppe angepassten Schwierigkeitsgrad. Auch Länge und Anzahl Höhenmeter sind wichtige Faktoren aus Sicht der Biker.


Auf was kommt es an, damit die Planung von Mountainbike-Routen ein Erfolg wird?

Mathias Julen: Die Planung von Mountainbike-Routen ist äusserst komplex, es müssen auf verschiedenen Stufen die unterschiedlichsten Interessen berücksichtigt werden. Die vielfältigen Ansprüche der Bikenden wurden schon erwähnt. Diese in Einklang zu bringen mit den lokalen Gegebenheiten und den gesetzlichen Vorschriften, dies ist letztlich das Ziel jeder Routenplanung. Es gibt den Wildtier- und Naturschutz, die Interessen von Land- und Forstwirtschaft, aber auch jene von anderen Nutzergruppen auf gemeinsam genutzten Wegabschnitten. Und ganz zentral ist natürlich das Einverständnis der Grundeigentümer.

Carmen Metzler: Bei einer regionalen Planung wie bei uns im Emmental gilt es zuerst die Gemeinden ins Boot zu holen, danach zum richtigen Zeitpunkt auf die Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer zuzugehen, wenn Routen über deren Grundstück verlaufen. Viele von ihnen haben sich bereits in der öffentlichen Mitwirkung der Richtplanung eingebracht, was den ganzen Prozess erleichterte. Heikle Punkte konnten so frühzeitig erkannt werden.


Was bedeutet die im neu revidierten Strassengesetz postulierte Koexistenz von Wandernden und Bikenden für die Planung von MTB-Routen?

Mathias Julen: Es ist ein wichtiger Grundsatzentscheid. Vielerorts ist Koexistenz heute schon Tatsache, weil offizielle MTB-Routen fehlen. Der Kanton Bern verfügt über das dichteste Wanderwegnetz in der Schweiz, zusätzliche separate Wege für Mountainbikende wären schlicht nicht verhältnismässig. Es braucht weiterhin planerische und bauliche Massnahmen. Ausserdem muss eine Kultur entstehen und Koexistenz gelebt werden. Dazu gehören auch kommunikative Massnahmen, gerade weil gegenüber der jungen Sportart Biken noch viele Vorbehalte und Ängste vorhanden sind.

Nicolas Hofer: Das revidierte Gesetz ist ein neuer Ansatz in der Planung, aber es ist kein Freipass, überall alles freizugeben. Genau deshalb sind die regionalen Planungen wichtig: nämlich zur systematischen Beurteilung, wo was an Koexistenz möglich und sinnvoll ist.

Mathias Julen: Grundsätzlich haben Wandernde und Bikende ja ähnliche Interessen. Es sind beides Freizeitnutzende, die das Privileg haben, Wege in der Natur zu benutzen.

Nicolas Hofer: …und dabei auch mit den gleichen Rahmenbedingungen konfrontiert sind, denn hartnäckige Eigentümerinteressen und gesetzliche Vorschriften sind heute auch beim Planen von Wanderwegen ein grosses Thema. Der Unterschied besteht darin, dass das Wanderwegnetz über Jahrzehnte historisch gewachsen ist. Dazu brauchte es damals viel Goodwill und Freiwilligenarbeit, genauso wie heute bei MTB-Routen.

Carmen Metzler: Das Bike ist ja nicht die einzige Koexistenz auf Wanderwegen. Oft beanspruchen z. B. auch die Holzwirtschaft, die Jagd oder die Landwirtschaft diese Wege, gerade in einem Gebiet wie im Emmental.


Wo bestehen denn die grössten Interessenkonflikte und wie geht man damit um?

Mathias Julen: Abgesehen davon, dass sich die verschiedenen Nutzergruppen auf stark genutzten Wegen in die Quere kommen können, sind Bikende teils ohne ihr Wissen in sensiblen Gebieten unterwegs oder es kommt zu Konflikten mit Land- und Waldwirtschaft oder mit Grundeigentümern. Es ist eines der zentralen Ziele der Routenplanung, solche Konflikte aufzugreifen und Lösungen zu finden, z. B. durch Entflechtung, Lenkung oder Sensibilisierung der Nutzenden.

Carmen Metzler: Wichtig ist aus unserer Erfahrung, den betroffenen Akteuren wie Gemeinden, Grundeigentümern, Landwirten oder anderen Nutzergruppen genügend Zeit einzuräumen, um sich mit der Situation und den Anliegen der Mountainbikenden auseinanderzusetzen. Die Richtplanung ist hier ein hilfreiches Instrument.

Mathias Julen: Ja, eine Angewöhnungszeit ist wichtig. So lassen sich Diskussionen, die im ersten Moment hochemotional geführt werden, nach und nach wieder auf die Sachebene zurückführen.

Carmen Metzler: Oft sind es ganz konkrete Punkte, über welche sich Grundeigentümer Sorgen machen. Z. B. Haftungsfragen: Wer ist verantwortlich, wenn ein Biker auf dem eigenen Grundstück zu Fall kommt? Da braucht es seitens Kanton Versicherungslösungen, die solches überregional regeln – wie bei den Wanderwegen auch.


Welche Erwartungen hat die Region sonst noch an den Kanton?

Mathias Julen: Was auf fachlicher und gesetzlicher Ebene definiert wurde, soll nun seitens des Kantons auch gelebt werden. Die Regionen sind bei Planung, Umsetzung und Betrieb auf die Unterstützung durch den Kanton angewiesen, sei es durch verstärkte Koordination, fachliche Begleitung und Finanzierung. Dazu sind auf nationaler Ebene bereits gute Grundlagen vorhanden, die man den kantonalen Anforderungen anpassen kann.

Carmen Metzler: Wir in der Region sind froh um alles, was der Kanton auf übergeordneter Ebene übernehmen kann. Wichtig erscheint mir, dass nun rasch jene (kantonalen) MTB-Routen definiert werden, bei welchen sie Umsetzung und Unterhalt mitfinanzieren. Gemeinden und Regionen können unmöglich alle Kosten für ein MTB-Routennetz tragen.


Was kann der Kanton hier anbieten, Nicolas Hofer?

Nicolas Hofer: Wir sind uns durchaus bewusst, dass nun auch der Kanton vermehrt gefordert sein wird, sei es bei der Koordination der Planungen, bezüglich fachlicher Unterstützung oder bei der Finanzierung. Angesprochen sind da nicht nur wir vom Tiefbauamt, sondern auch viele andere kantonale Ämter und Fachstellen. Was die Finanzierung betrifft, übernimmt der Kanton grundsätzlich 40 Prozent der Investitionskosten an jene Mountainbike-Routen, die in der kantonalen Sachplanung festgelegt sind, so wie bei den Wanderwegen auch. Der Kanton kann unter bestimmten Voraussetzungen Beiträge für die Instandsetzung von Mountainbike-Routen leisten, grundsätzlich ist aber der Unterhalt der Wege Sache der Gemeinden. Für den Unterhalt sind keine Beiträge vorgesehen. Aus unserer Erfahrung hält sich der Aufwand dafür aber in Grenzen, wenn ein Weg gut gebaut worden ist. Übrigens kann ein clever geplanter und gebauter Weg auch dazu beitragen, Konflikte zu vermeiden.


Welche Erwartungen hat der Kanton an die Regionen und Gemeinden?

Nicolas Hofer: Ich hoffe, dass die positive Entwicklung bei den regionalen MTB-Planungen anhält und möchte die regional tätigen Akteure dazu aufrufen, sich weiter zu engagieren, gegenseitig Erfahrungen auszutauschen und uns frühzeitig zu kontaktieren, wenn es irgendwo harzt. Nicht zuletzt möchte ich sie auch ermuntern, die lokalpolitischen Kanäle zu nutzen, um die Sache voranzubringen.

Mathias Julen: Ich finde es lobenswert, dass der Kanton den Ball aufgenommen hat. Wenn weiterhin auf allen Ebenen gute Arbeit geleistet wird, hat der Kanton Bern das Potenzial mit den führenden Regionen mitzuhalten.

«Teufelswerk» im Kemmeriboden

Das Unwetter, das am 4. Juli 2022 zuhinterst im Emmental niederging, verwüstete nicht nur das bekannte Ausflugsrestaurant Kemmeribodenbad, sondern verursachte auch grosse Schäden an der Wanderweginfrastruktur. Zwei weggeschwemmte Brücken werden jetzt von den drei betroffenen Gemeinden durch Hängebrücken ersetzt.

Gleich zwei Fussgängerstege über die Emme hielten den Wassermassen an jenem Unglückstag nicht Stand: die sogenannte «Skulpturenbrücke» bei Chüblisbüelbode und die rund ein Kilometer weiter oben gelegene «Teufelsbrücke» bei Hinder Schönisei. Überschwemmt und weggespült wurde weiter unten auch der Wanderweg östlich des Hotels Kemmeribodenbad. Gemäss Experten handelte es sich um ein Ereignis, das seltener als alle 300 Jahre auftritt.

Die zwei vom Hochwasser weggespülten Fussgängerstege, die durch Hängebrücken ersetzt werden sollen.

Hängebrücken statt Stege

Über die beiden Brücken verlaufen Wanderweghauptrouten, die im kantonalen Sachplan Wanderroutennetz eingetragen sind. Die beiden Wanderwege sind seit dem Hochwasserereignis im Abschnitt der Brücken gesperrt. Übrigens trieb das Hochwasser mit der «Teufelsbrücke» schon einmal sein Teufelswerk, als es diese 2014 ein erstes Mal wegschwemmte. Es liegt deshalb im Interesse aller, die Infrastruktur diesmal so instand zu stellen, dass sie einem weiteren Hochwasserereignis grossen Ausmasses standhält. Gewährleisten sollen dies Hängebrücken, die höher über dem Normalwasserstand liegen als die bisherigen Fussgängerstege. «Letztere verliefen relativ tief über die Emme, während mit den neuen Hängebrücken der Abstand zwischen Normalwasserstand und Brücke deutlich grösser wird. Das trägt zur Sicherheit der Infrastruktur bei», erklärt Barbara Lustenberger, die das Projekt von Seiten des Tiefbauamts begleitet. Bauherrinnen sind die drei betroffenen Gemeinden.

Die «Skulpturenbrücke» vor dem Unwetter im Juli 2022 (links) – und was von ihr übrigblieb.
Ein Vorher- und Nachher-Bild der «Teufelsbrücke». Auch diese hielt dem Unwetter vom Juli 2022 nicht Stand.

Zwei Brücken – drei Gemeinden

Grösser als die bauliche ist allerdings die administrative Herausforderung. Die beiden Brücken liegen in drei verschiedenen Gemeinden, zwei im Kanton Bern (Schangnau und Habkern) und eine im Kanton Luzern (Flühli). Für den Wiederaufbau und damit auch für die Aufteilung der Finanzierung müssen alle drei Gemeinden ihre Zustimmung geben.

Die Kosten für Hängebrücken sind höher als für «normale» Fussgängerstege. Sie betragen für die beiden neuen Bauwerke insgesamt rund 350 000 Franken. Das bringt alle drei betroffenen Gemeinden an die finanzielle Schmerzgrenze, weshalb diese bei verschiedenen Geldgebern (Fonds, Förderpreise, Schweizer Wanderwege, Kantone Bern und Luzern) Finanzhilfen beantragten. So gelang es, die ihnen verbleibenden Kosten deutlich zu senken. Was den Kanton Bern betrifft, so kann dieser bei Hauptwanderrouten dann Beiträge leisten, wenn die Weganlage durch Naturereignisse zerstört wurde, die mit einer Wiederkehrperiode von mehr als 100 Jahren auftreten. Da beide Brücken über die Emme führen, die hier als Grenzfluss zwischen den Kantonen Bern und Luzern verläuft, beteiligt sich der Kanton Bern nur zur Hälfte an den Kosten, also quasi an den 50 Prozent der Brücken, die in seinem Gebiet liegen.

Dass sich die Investition Hängebrücken nicht nur aus wasserbaulicher, sondern auch aus touristischer Sicht lohnt, zeigen Erfahrungen aus der luzernischen Nachbargemeinde Flühli: Dort zieht die Hängebrücke Chessiloch offenbar zahlreiche Wandernde an.

Das Hotel Kemmeribodenbad wird neu durch einen Damm geschützt.

Ein Damm schützt jetzt das Hotel

Was den Wanderweg im Bereich des Hotels Kemmeribodenbad betrifft, muss dieser verlegt werden, denn zum Schutz des Hotels Kemmeribodenbad wird ein Hochwasserdamm erstellt. Die Arbeiten hierzu sind bereits im Gange und werden im Herbst 2023 abgeschlossen sein.

«KEHRSATZ MITTE» nimmt Fahrt auf

Die Gemeinde Kehrsatz plant zusammen mit der Burgergemeinde Bern die Entwicklung der Bahnhofmatte zu einem Wohn- und Arbeitsort. Abgestimmt mit dieser Planung ist nicht nur der geplante Bahnhofsumbau der BLS, sondern auch die Verlegung der Zimmerwaldstrasse sowie ein neuer Anschluss an die Umfahrungsstrasse. Für Letzteres ist das Tiefbauamt des Kantons Bern zuständig. Im Herbst 2023 wird für das Grossprojekt eine öffentliche Mitwirkung durchgeführt.

Die Pläne für die Anbindung der Zimmerwaldstrasse an die Umfahrungsstrasse von Kehrsatz im Bereich der Bahnhofmatte sind nicht neu. Bereits 2001 wurde der kantonale Strassenplan «Anschluss Bahnhofmatte» genehmigt. Doch das Projekt scheiterte 2003 an der Urne. Seither hat sich einiges getan. Die BLS fährt im 15-Minuten-Takt. Dies führt beim stark befahrenen Bahnübergang Zimmerwaldstrasse aufgrund der Barriereschliessungen regelmässig zu Rückstau. Davon betroffen ist der Verkehr in den oberen Dorfteilen von Kehrsatz, der Verkehr Richtung Längenberg sowie die Zu- und Wegfahrt nach Belp. Im Auftrag des Tiefbauamts des Kantons Bern und der Gemeinde Kehrsatz wurden 2015 im Rahmen einer Machbarkeitsstudie zwei Varianten für eine neue Verkehrsführung geprüft und verglichen. Dabei zeigte sich eine Verlegung der Zimmerwaldstrasse als die beste Lösung.

Luftbild der heutigen Situation, Blickrichtung Süd: Die Zimmerwaldstrasse führt über die Umfahrungsstrasse und die Bahnlinie am Bahnhof vorbei durch das Dorf Kehrsatz.

Neuer Anschluss mit Kreisel

Mit dem neuen Anschluss «Kehrsatz Mitte» soll der Verkehr aus dem oberen Dorfteil und vom Längenberg herkommend im Bereich der Bahnhofmatte mit Hilfe eines Kreisels auf die Umfahrungsstrasse geleitet werden. Die neue Zimmerwaldstrasse wird als Ortsverbindung in die gegebene Topografie eingebettet. Der Verkehr weiter ins Dorfzentrum soll dereinst über den neugestalteten Bahnhofplatz führen. Davon profitieren auch Reisende mit dem Postauto: Die neue Haltestelle ist direkt auf dem Bahnhofplatz geplant, was die Umsteigebeziehung zur Bahn vereinfacht. Für zusätzliche Beruhigung sorgt das Tempolimit 30 km/h auf dem Abschnitt der alten Zimmerwaldstrasse sowie auf der Bernstrasse durch das Dorf Kehrsatz.

Schematische Darstellung mit heutiger und künftiger Verkehrsführung.

Letzte grosse Baulandreserve von Kehrsatz

Das Areal «Bahnhofmatte», welches der Burgergemeinde Bern gehört, bildet aktuell die letzte grosse Baulandreserve der Gemeinde Kehrsatz. Dem Areal kommt als «prioritäres Entwicklungsgebiet Wohnen» aus regionaler und kantonaler Sicht und im Kontext der inneren Siedlungsentwicklung eine wichtige Rolle zu. Mit der geplanten Verkehrsführung und dem Anschluss «Kehrsatz Mitte» ist auch die Erschliessung für den motorisierten Individualverkehr sichergestellt.

Neukonzeption der Umfahrungsstrasse

Geplant ist, die heute zweispurige Umfahrungsstrasse in einer späteren Etappe auf eine Fahrspur in beiden Richtungen zu reduzieren. Der freiwerdende Raum soll als separate Velospur verwendet werden. Das Tempolimit auf der Umfahrungsstrasse wird auf 60 km/h heruntergesetzt, im Bereich Kreisel auf 50 km/h.

Gestaltungsplan der neuen Situation: Die Zimmerwaldstrasse wird verlegt (unten) und mit einem neuen Kreisel an die Umfahrungsstrasse angeschlossen.

Mitwirkung im Herbst 2023

Damit die Bevölkerung ihre Meinung zu den verschiedenen Teilprojekten von «Kehrsatz Mitte» frühzeitig einbringen kann, wird im Herbst 2023 (2. Oktober bis 1. Dezember) eine öffentliche Mitwirkung durchgeführt. Bereits am Montag, 11. September 2023, findet ein öffentlicher Informationsanlass (19.30 Uhr, Aula Selhofen) statt.

Weiterführende Informationen: www.kehrsatz-mitte.ch

Die Brücke der Mineure ist wieder tragfähig

Die Kantonsstrasse Nr. 6 zwischen Court und Moutier führt durch die Gorges de Court und überquert dort verschiedentlich die Birs. Eine dieser Brücken, der Pont des Mineurs musste diesen Sommer umfassend saniert werden. Die Kantonsstrasse war deshalb von Mai bis Mitte August 2023 für jeglichen Verkehr gesperrt.

Beim Pont des Mineurs handelt es sich um ein Bauwerk aus dem Jahre 1938. Kein Wunder, dass der Zahn der Zeit in diesen 85 Jahren an der Stahlkonstruktion genagt hat. Die Analyse ergab, dass die Tragstruktur der Brücke erhebliche Altersschäden aufweist und den aktuellen Verkehrslasten in diesem Zustand nicht mehr gewachsen ist. Eine komplette Sanierung der Widerlager und ein Neuaufbau der Fahrbahnplatte erwiesen sich als zwingend.

Offensichtlich sanierungsbedürftig: der Pont des Mineurs nach 85 Betriebsjahren.

Die Bedeutung der Kantonsstrasse und deren Verkehrsbelastung durch die Schlucht von Court hat seit der Eröffnung des A16-Autobahnabschnitts Moutier – Court im Jahre 2013 zwar abgenommen. «Aber sie dient immer noch als Entlastungsstrasse, wenn die Autobahn gesperrt ist und muss also grosse Lasten aufnehmen können», erläutert Hever Ruiz, Projektleiter im Oberingenieurkreis III.

Der Pont des Mineurs befindet sich auf der Kantonsstrasse zwischen Court und Moutier.

Anpassung der Strassengeometrie

Die scharfe Kurve nördlich der Brücke erwies sich in der Vergangenheit als besonderer Gefahrenherd. Mit elf Unfällen innerhalb von zehn Jahren, darunter ein tödlicher, war dieser Strassenabschnitt vor der Eröffnung der A16-Autobahn als Unfallschwerpunkt berüchtigt. Die kombinierte Wirkung von nicht angepasster Geschwindigkeit, Frost auf der Brücke in Verbindung mit der Nähe des Flusses machten das hauptsächliche Unfallrisiko aus. Seit der Eröffnung der Autobahn, welche die Kantonsstrasse wesentlich entlastet hat, gab es nur noch zwei Unfälle. Weil die Kantonsstrasse für den regionalen Verkehr jedoch weiterhin wichtig ist, wurde die Strassengeometrie im Zuge der Brückenerneuerung ebenfalls leicht angepasst.

Viel Eisen in der neuen Brückenkonstruktion, damit der Pont des Mineurs wieder zeitgemässe Verkehrslasten tragen kann.

Vollständige Strassensperrung

Die Bauarbeiten für die Erneuerung und Verstärkung der Brücke wurden diesen Sommer durchgeführt. Sie hatten zur Folge, dass die Kantonsstrasse durch die Schlucht von Court von Mai bis Mitte August 2023 vollständig gesperrt werden musste, ein spürbarer Eingriff ins lokale Verkehrssystem. «Glücklicherweise hatten wir mit dem A16-Tunnel zwischen Court und Moutier eine bestehende Ausweichroute für den Autoverkehr», sagt Hever Ruiz. Die offizielle Umleitung für den nicht autobahntauglichen Verkehr führte über Perrefitte – Bellelay – Tavannes.

Etwas umständlicher war die Umleitung für Velofahrende und den landwirtschaftlichen Verkehr: In Zusammenarbeit mit den Gemeinden Champoz und Moutier wurde eine zusätzliche, verkürzte Umleitungsstrecke festgelegt, die in beiden Richtungen über Moutier – Champoz – Bévilard führte.

Der für Wanderungen genutzte Steg wurde während der Bauarbeiten geschlossen. Der Wanderweg durch die Schlucht konnte dank einer Umleitung über einen Waldweg dennoch offengehalten werden.

Die Bilanz

Nach Abschluss der Sanierung, die rund 800 000 Franken kostete, zieht Hever Ruiz eine positive Bilanz der anspruchsvollen Baumonate beim Pont des Mineurs: «Die Sanierungsarbeiten liefen soweit speditiv und gut ab. Allerdings zwang uns die Schlechtwetterphase zu Beginn, die Arbeiten um drei Wochen zu verlängern.

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