Das neue Bundesgesetz über Velowege

Wer heute von Verkehr und Strassen spricht, denkt das Velo immer mit. Seit 1. Januar 2023 ist das Bundesgesetz über Velowege (Veloweggesetz) in Kraft. Es verpflichtet die Kantone und Gemeinden, innerhalb von fünf Jahren ein gutes, zusammenhängendes Velowegnetz zu planen und dieses bis 2042 umzusetzen. Der Kanton Bern verfügt mit dem Sachplan Veloverkehr bereits über griffige und bewährte Planungsinstrumente und kann auf diesen aufbauen.
«Wir sind grundsätzlich gut aufgestellt», sagt Erik Gorrengourt, Co-Leiter der Fachstelle Langsamverkehr beim Tiefbauamt des Kantons Bern. «Mit dem Sachplan Veloverkehr erfüllen wir die Ansprüche des Bundes punkto Planung des Velowegnetzes bereits heute weitestgehend.» Der Sachplan Veloverkehr löste 2014 den kantonalen Richtplan Veloverkehr ab. Darin ist das Velowegnetz für den Alltags- und Freizeitveloverkehr festgelegt, zumindest jenes mit sogenannter kantonaler Netzfunktion. Einzig bei den Mountainbikerouten sieht Gorrengourt noch planerischen Nachholbedarf, «doch diese Lücken werden im Nachgang zur laufenden Strassengesetzrevision hoffentlich bald geschlossen.»
Viele gute Projekte – langwierige Verfahren
Während der Kanton also bei der Planung des Velowegnetzes auf Kurs ist, kann er sich punkto Umsetzung noch nicht auf den Lorbeeren ausruhen. «Wir haben zwar viele gute Veloprojekte in der Pipeline, aber es harzt oft bei der Realisierung.» Die Gründe sind vielfältig, wie Gorrengourt erklärt: «Velomassnahmen durchlaufen langwierige Genehmigungsverfahren, Einsprachen und Beschwerden können die Projekte verzögern. Um Netzlücken zu schliessen oder Mängel im bestehenden Netz zu beheben, sind wir in vielen Fällen auch von der Massnahmenplanung im Rahmen der Agglomerationsprogramme abhängig», betont Gorrengourt. Erschwerend kommt hinzu, dass gerade bei Veloprojekten oft viele unterschiedliche Interessen aufeinanderprallen: solche von Grundeigentümern, von Landwirten oder von anderen Strassen- und Bahnbetreibern. Konflikte können sich auch mit Waldbesitzern oder punkto Gewässerschutz ergeben. «Diese Ausmarchung erfordert Zeit und Geduld.» Weil die Verfahren lange dauern, setzt das Tiefbauamt wo immer möglich auf Sofortmassnahmen, die sich rasch und ohne grosse bauliche Eingriffe realisieren lassen.
Wer hat welche Rolle bei der Velowegplanung?
Der Kanton ist zuständig für die Festlegung des Velowegnetzes mit kantonaler Netzfunktion gemäss Sachplan Veloverkehr. Er stützt sich dabei auf Planungsgrundlagen der Regionen und Gemeinden. Zudem signalisiert er die Velowege mit kantonaler Netzfunktion. Er plant, projektiert und baut die kantonalen Velowege (Radstreifen entlang von Kantonsstrassen und kantonale Radwege) und unterstützt die Gemeinden mit Beratung und Information.
Die Regionalkonferenzen entwickeln das Velowegnetz weiter, im Rahmen der Regionalen Gesamtverkehrs- und Siedlungskonzepte (RGSK) sowie mit regionalen Velonetzplanungen. Sie führen zudem sogenannte Korridorstudien durch, um die Linienführung für den Alltagsveloverkehr in jenen Korridoren zu klären, die im Sachplan Veloverkehr festgelegt sind.
Eine neue Aufgabe kommt mit dem Veloweggesetz auf die Gemeinden zu. Sie sind aufgefordert, bis 2027 ein kommunales Velowegnetz zu planen und dieses danach zu realisieren.
Wie ist die Finanzierung für Velowege geregelt?
Bau, Betrieb und Unterhalt der Velowege werden grundsätzlich durch die entsprechenden Strasseneigentümer finanziert. Sind Infrastrukturmassnahmen zu Gunsten des Veloverkehrs Teil eines Agglomerationsprogramms, so übernimmt der Bund in der Regel rund 30 % der Projektkosten. Bei kommunalen Veloprojekten in den Agglomerationen leistet der Kanton einen Beitrag von 35 % an die Restkosten nach Abzug der Bundesbeiträge. Zusätzlich leistet er Investitionsbeiträge von 40 % an Velomassnahmen auf kommunalen Velowegen mit kantonaler Netzfunktion.
Weiterführende Informationen

Von gross bis klein: Beispiele für Veloprojekte im Tiefbauamt
Sanierung Turnierstrasse, Köniz
Die Turnierstrasse in Köniz ist ein Zubringer zum Autobahnanschluss Bümpliz und hat auch für den Veloverkehr von Köniz in den Westen der Stadt Bern eine wichtige Verbindungsfunktion. Vor der Umgestaltung war auf der Turnierstrasse keine Veloinfrastruktur vorhanden. In Fahrtrichtung Köniz wurde deshalb der ehemals bestehende Trampelpfad in einen gemeinsamen Fuss- und Radweg umgebaut und in Fahrtrichtung Bern ein neuer Radstreifen realisiert. Die Sanierung konnte im Herbst 2021 abgeschlossen werden (Gesamtkosten ca. 2 Mio. Franken). 2023 startet nun die Umgestaltung der anschliessenden Könizstrasse, wo Radstreifen realisiert werden.

Kantonaler Radweg Oberburg - Hasle
Zwischen Oberburg und Hasle b. Burgdorf wird abseits der Kantonsstrasse ein kantonaler Radweg mit einer neuen Unterführung der BLS-Bahnlinie geplant (Gesamtkosten ca. 7 Mio. Franken). Aufgrund des räumlichen Konflikts mit dem Ausbau der BLS-Werkstätten im Bereich Oberburgfeld muss das eigentlich bereits genehmigte Radwegprojekt auf Kosten der BLS geändert werden. Der Baustart für das Radwegprojekt war ursprünglich für 2023 vorgesehen. Durch die nun notwendige Koordination mit der BLS sowie die Projektänderung wird sich dieser voraussichtlich um ca. 4 Jahre verschieben.

Velovorrangroute Lyss – Biel
Zwischen Lyss (Autobahnanschluss Lyss-Nord) und Biel (Autobahnverzweigung Brüggmoos) wird die Machbarkeit einer Velovorrangroute (VVR) geprüft (Gesamtkosten ca. 24 Mio. Franken).
Nun entsteht in Brügg ein neues Spitalzentrum, das auf eine gute Erschliessung punkto Velo- und Fussverkehr angewiesen ist. Eine Koordination mit der Linienführung der Velovorrangroute drängt sich auf. Zudem stellen sich im selben Gebiet zusätzlich Fragen, die den Schutz des Gewässerraums sowie archäologische Fundstätten betreffen. Um alle diese räumlichen Bedürfnisse zu berücksichtigen, müssen bei der Linienführung Kompromisse eingegangen werden. Zur Umsetzung einer durchgängigen Velovorrangroute zwischen Lyss und Biel sind unter anderem zwei neue Velobrücken über die Autobahn A6 sowie über den Nidau-Büren-Kanal, ein neuer Zweirichtungsradweg entlang der A6 sowie zahlreiche kleine Velomassnahmen auf Gemeindestrassen notwendig. Dies erfordert eine umfassende Koordination aller Projektbetroffenen. Die Federführung liegt beim Kanton.

Kantonaler Radweg Grünenmatt – Sumiswald
Zwischen Grünenmatt und Sumiswald konnte 2021 ein kantonaler Radweg abseits der Kantonsstrasse realisiert werden. Der Radweg verläuft über ehemalige Flurwege und entlang der BLS-Bahnlinie über ein neu erstelltes Trassee (Gesamtkosten ca. 900 000 Franken). Im Verlauf des Projekts gelang es, mit einem direkt betroffenen Anwohner bezüglich Landerwerb und Betrieb (v. a. Signalisation) eine einvernehmliche Lösung zu finden. Dank dem neuen kantonalen Radweg entfällt die aufwändige Erweiterung der Kantonsstrasse, welche abschnittsweise zwischen Emme und Hangböschung «eingeklemmt» ist.

Kleinere Massnahmen zugunsten des Veloverkehrs
Grundsätzlich prüft das Tiefbauamt im Rahmen jedes Projektes, ob Verbesserungen zugunsten des Veloverkehrs möglich sind. Ein Beispiel ist die neue Lichtsignalanlage beim Knoten Solothurnstrasse/Roger-Federer-Strasse in Biel.

Auch werden jedes Jahr bei allen Strassenabschnitten, auf denen das Tiefbauamt den Deckbelag erneuert, Möglichkeiten geprüft, um die Situation für den Veloverkehr zu optimieren. Eine einfache und kostengünstige Massnahme für den Veloverkehr kann beispielsweise eine zusätzliche Markierung oder eine verbesserte Signalisation verbunden mit kleinen baulichen Massnahmen sein, wie die untenstehenden Beispiele aus Rüeggisberg und Uetendorf zeigen.


Die regionalen Gesamtverkehrs- und Siedlungskonzepte (RGSK) und Agglomerationsprogramme enthalten ebenfalls kleinere Veloverkehrsmassnahmen. Beispiele sind die neuen Querungshilfen Milchgässli, Lyssach und Längmaad, Spiez.


Im Weiteren unterstützt der Kanton Bern die Gemeinden bei der Umsetzung von kommunalen Veloprojekten mit Investitionsbeiträgen, so z. B. beim neuen Fuss-/Radweg in Kleindietwil.


Im Gespräch: «Das Velowegnetz muss immer mehr Ansprüche erfüllen»

Was kommt mit dem neuen Veloweggesetz auf die Kantone und die Gemeinden zu? Was braucht es, damit es mit dem Velowegnetz vorwärtsgeht und wo liegen die Knackpunkte? Martin Urwyler, Bereichsleiter Langsamverkehr beim Bundesamt für Strassen ASTRA, im Gespräch mit Stefan Studer, Kantonsoberingenieur, Tiefbauamt des Kantons Bern.
Herr Urwyler, Herr Studer, worüber haben Sie sich als Velofahrer zum letzten Mal gefreut – und worüber geärgert?
Martin Urwyler: Ich freue mich jeden Morgen, wenn ich die fünf Kilometer bis zum Bahnhof mit dem Velo zurücklege und die frische Luft geniessen darf. Ärgern tue ich mich dann, wenn mich Autos zu nahe überholen.
Stefan Studer: Mich freut, dass nach und nach Veloinfrastrukturen entstehen, die den Namen verdienen: Velowege, auf denen man sicher unterwegs ist. Als Amtsvorsteher freut es mich, dass wir in den letzten Jahren zahlreiche kantonale Veloprojekte umsetzen konnten und viele in Planung haben. Unangenehm finde ich, von Autos abgedrängt zu werden, besonders dann, wenn man mit Kindern unterwegs ist.
Kernelement des neuen Bundesgesetzes ist die Planungspflicht für Velowege. Weshalb ist diese so wichtig?
Urwyler: Weil man nur so das Potenzial ausschöpfen kann. Es braucht sichere, direkte und zusammenhängende Verbindungen, die aufeinander abgestimmt sind.
Studer: Wichtig ist die übergeordnete und koordinierte Planung, weil Velowegnetze ja nicht an den Zuständigkeitsgrenzen von Gemeinden und Kanton enden.
Früher galt: Das Velo gehört auf die Strasse. Im neuen Gesetz wird jetzt die Entflechtung von Auto- und Veloverkehr propagiert. Warum?
Urwyler: Die Anforderungen haben sich gewandelt. Für geübte Velofahrende ist der Mischverkehr kein Problem. Wenn wir aber auch Leute abholen wollen, die sich auf dem Velo weniger sicher bewegen, braucht es Wege abseits stark befahrener Strassen.
Und wo soll sich hier das schnelle E-Bike einordnen?
Urwyler: Das Veloweggesetz sagt, dass es sowohl ein Netz für den Alltagsveloverkehr braucht als auch eines für den Freizeitveloverkehr. Wer täglich mit dem E-Bike zur Arbeit fährt, hat andere Ansprüche als eine Familie auf dem Veloausflug. Unsere Studien zeigen, dass ein gut ausgebauter Veloweg entlang der Autobahn, den Verkehr auf dieser um 2 bis 4 % entlasten könnte. Das tönt nach wenig, kann aber gerade in der Abendspitzenstunde entscheidend sein.
Wo sehen Sie die Knackpunkte bei der Umsetzung des Gesetzes?
Studer: Die Vorgabe an die Kantone und Gemeinden, bis 2027 ein zusammenhängendes Velowegnetz zu planen, ist sehr herausfordernd, insbesondere für die Gemeinden. Denn eine solche Planung erfordert entsprechende finanzielle und personelle Ressourcen. Im Kanton Bern liegt mit dem Sachplan Velo bereits eine Planung des Velowegnetzes mit kantonaler Netzfunktion vor. Wir verfügen hier also schon über gute Grundlagen.
Urwyler: Für die Gemeinden ist der Zeitplan bestimmt sportlich. Aber wir fangen ja nicht bei null an. Die allermeisten Kantone haben bereits eine Velonetzplanung gemacht.
Welche konkrete Unterstützung kann der Bund den Kantonen und Gemeinden bei der Umsetzung des Veloweggesetzes bieten?
Urwyler: Wir wollen für Erfahrungsaustausch sorgen, darüber informieren, was Kantone und Städte alles machen – im Sinne von «Best-practise»-Beispielen. Kürzlich führten wir eine erste Fachtagung für die Fachstellen der Kantone und grösserer Städte durch. Wir erarbeiten Vollzugshilfen, z. B. eine für die Gestaltung von Knoten, eine andere zur Velowegnetzplanung. Derzeit entsteht eine Vollzugshilfe zu «Velobahnen», wo noch nicht alle das Gleiche darunter verstehen.
Erklären Sie es uns.
Urwyler: Unter Velobahnen verstehen wir breite, hindernisfreie Wege, die vor allem dem schnellen Veloverkehr dienen, also quasi «Autobahnen» für Velos.
Studer: Wir begrüssen es sehr, wenn der Bund den Erfahrungsaustausch unter den Beteiligten fördert, damit nicht jeder das Rad neu erfinden muss und Vollzugshilfen erarbeitet. Gerade auch bezüglich Begrifflichkeiten sehe ich Klärungsbedarf.
Welcher Stellenwert hat das Velo im Bundesamt für Strassen ASTRA?
Urwyler: Spätestens seit der wuchtigen Annahme der Veloinitiative im Jahr 2018 hat das ASTRA die grosse Bedeutung des Veloverkehrs erkannt. Nicht zuletzt haben wir ja auch auf unseren eigenen Strassen Veloverkehr, nämlich auf den Nationalstrassen 3. Klasse. Das sind schweizweit 390 Kilometer. Dort haben wir Schwachstellenanalysen für den Langsamverkehr durchgeführt und Massnahmen erarbeitet, die jetzt via ASTRA-Filialen in die Projekte einfliessen. Im Moment sind wir daran, die Schwachstellen bei den schweizweit rund 400 Autobahnanschlüssen zu untersuchen.
Studer: Diese Aktivitäten begrüssen wir sehr. Auch im Kanton Bern haben wir Nationalstrassen 3. Klasse, wo es punkto Velosicherheit nicht zum Besten steht. Ich denke da ans Kandertal oder ans linke Bielerseeufer.
Urwyler: Man muss sich einfach bewusst sein, dass alle diese Massnahmen Zeit brauchen, bis sie dann auch umgesetzt sind …
Studer: … umso wichtiger ist es, dass wir einfache und kostengünstige Sofortmassnahmen in Betracht ziehen. Wir machen das etwa im Rahmen von Belagserneuerungen, wo wir Konfliktstellen zu entschärfen versuchen, z. B. mit farbigem Belag oder kleinen baulichen Anpassungen. Gut, wenn das ASTRA auch an solche Sachen denkt.
Urwyler: Genau. Solche Kleineingriffe haben wir in unseren Massnahmenblättern unter «quick wins» aufgeführt und möchten so z. B. mit Markierungen rasche Verbesserungen realisieren.
Wie steht der Kanton Bern bei der Veloförderung im schweizweiten Vergleich da?
Urwyler: Der Kanton Bern war lange Zeit ein Vorzeigekanton. Er war der erste mit einer Velofachstelle und setzte Standards. In der Zwischenzeit haben andere aufgeholt, insbesondere auch Städte. Ausruhen darf sich der Kanton Bern also nicht. Es gibt immer noch Netzlücken und die Standards gilt es zu aktualisieren.
Studer: Da sind wir dran. Immerhin werden wir in den nächsten fünf Jahren im Schnitt 15 bis 20 Millionen in die Verbesserung der kantonalen Veloinfrastruktur investieren. Es gilt zudem Chancen zu nutzen, die sich bieten. So soll beispielsweise zwischen Büren a. d. Aare und Rüti b. Büren eine Veloroute über ein stillgelegtes Bahngeleis geführt werden.
Warum eigentlich braucht es immer breitere Velowege?
Urwyler: Neben dem allgemeinen Veloboom spielt auch eine Rolle, dass immer neue Fahrzeuge auf Velowegen auftauchen: E-Trottinets, E-Roller bis 25 km/h, Lastenvelos usw. Der Mix von langsamen und schnellen Fahrzeugen nimmt zu, was zu mehr Überholmanövern führt.
Studer: Im bebauten Raum stösst der Ausbau der Veloverkehrsfläche allerdings schnell an Grenzen. Da braucht es Lösungen für eine gemeinsame Nutzung innerhalb des bestehenden Strassenraums.
Urwyler: Ich denke, das ist ein weiterer zentraler Knackpunkt: Wie lässt sich die zur Verfügung stehende Verkehrsfläche neu aufteilen? Oder wo kann man auf Nebenstrassen und -wege ausweichen, ohne mit anderen Interessen wie z. B. der Landwirtschaft zu kollidieren?
Was erwartet der Bund vom Kanton, was der Kanton vom Bund?
Urwyler: Ich erwarte, dass die Kantone zur Verfeinerung ihrer eigenen Netzplanung diese auch auf die Gemeinden herunterbrechen, dass sie für diese Anreize schaffen und die Umsetzung kontrollieren. Es macht sicher Sinn, dass man bei der Planung vermehrt auch auf regionaler Ebene zusammenarbeitet, damit nicht jede Kleinstgemeinde eine eigene Veloplanung machen muss.
Studer: … was im Kanton ja mit den Regionalkonferenzen bereits so gehandhabt wird. Letztere unterstützen die Gemeinden massgeblich bei der Planung von attraktiven Veloinfrastrukturen. Ich erwarte von meiner Seite, dass der Bund den Informationsaustausch schweizweit pflegt und uns mit umsetzungstauglichen Arbeitshilfen unterstützt. Und dass er sich dem Veloverkehr auf den Nationalstrassen 3. Klasse annimmt.

Projektinformationen
Solarstrom von Strasseninfrastrukturen: Wie hoch ist das Potenzial?

Welche Menge an Solarstrom könnte auf Brücken und Kreiseln, an Stützmauern, Lärmschutzwänden und Tunnelportalen produziert werden? Das Tiefbauamt des Kantons Bern hat diese Frage für seine Strasseninfrastruktur vertieft abgeklärt. Es hat über 9500 Objekte analysiert und die Kosten und Erträge abgeschätzt.
Mit den Abklärungen hat das Tiefbauamt den Auftrag einer vom Grossen Rat überwiesenen Motion erfüllt. Der Schlussbericht zeigt, dass an über 1300 Standorten Anlagen von rund 20 Megawatt mit einem Jahresertrag von etwa 19 Gigawattstunden installiert werden könnten. Dies zusätzlich zu den bereits umgesetzten eigenen Projekten des Kantons wie beispielsweise der Installation von Photovoltaik-Anlagen auf Werkhöfen des Tiefbauamts. Zum Vergleich: Schweizweit war per Ende August 2022 eine Photovoltaik-Leistung von 2640 Megawatt installiert – dies fast vollständig in Form von Dachanlagen. Auch wenn das Potenzial mit knapp einem Prozent der bereits installierten Photovoltaik-Leistung gering erscheinen mag: Der Kanton will diese Flächen ab 2023 interessierten Dritten zur Verfügung stellen, beispielsweise Firmen, Gemeinden oder Privatpersonen. Denn selbst, wenn nur die Hälfte dieser Photovoltaik-Anlagen installiert würde, liessen sich damit etwa 2000 Haushalte mit Solarstrom versorgen.
Erkenntnisse aus der Studie
Um das Potenzial der Objekte abzuschätzen und zu bewerten, berücksichtigte die Studie sowohl technische Aspekte (produzierbare Energiemenge und installierbare Leistung) als auch wirtschaftliche (Stromgestehungskosten). Aus der Untersuchung ergaben sich einige interessante Erkenntnisse wie:
- Photovoltaik-Anlagen auf Dächern sind wesentlich wirtschaftlicher als die besten Standorte der Strasseninfrastruktur-Objekte.
- Das effektiv nutzbare Potenzial für die Stromgewinnung ist oft deutlich kleiner als das zuvor theoretisch berechnete.
- Technisch am einfachsten umzusetzen sind Projekte an Stützmauern sowie auf Raststätten, am umständlichsten hingegen an Brücken.
- Ein wichtiger Kostenfaktor sind die Netzanschlusskosten: Weil viele Objekte ausserhalb der Bauzonen und weit weg von einem Netzeinspeisepunkt liegen, sind gerade kleinere Anlagen nicht wirtschaftlich zu betreiben.
- Mit wenigen Ausnahmen (Tunnel, Raststätten) besteht bei Infrastrukturanlagen kein Eigenbedarf an Strom.
Anlage auf Tunnelüberdeckung
Photovoltaik ist für das Tiefbauamt nicht Neuland. Bereits im Jahr 2001 nahm der Kanton auf der A6 im Osten von Bern eine Anlage in Betrieb, die Solarstrom erzeugt. Die auf der Autobahnüberdeckung Sonnenhof installierten Paneele haben eine Leistung von 125 Kilowatt und liefern jährlich rund 110 000 Kilowattstunden, was dem Verbrauch von rund 30 Haushalten entspricht. Der produzierte Strom wird ins öffentliche Netz eingespiesen. Die Anlage wurde 2021 vom Bundesamt für Strassen (ASTRA) übernommen und die Paneele durch Module neuester Generation ersetzt.

Anlagen auf Dächern und Tunnelportalen
Jüngeren Datums sind Photovoltaik-Anlagen auf Dächern von Werkhöfen. Ein Beispiel ist der neue Autobahnwerkhof Bern, dessen riesige Dachfläche mit Paneelen belegt ist. In Kürze wird auf dem Tunnelportal Nord der Umfahrung Wilderswil eine kantonseigene Anlage in Betrieb genommen.

Hier finden Sie die Studie «Potenzialanalyse zur Solarstromproduktion auf Strasseninfrastrukturen des Kantons Bern».

Das gesicherte Aareufer lädt zum Bade

Der Uferschutz an der Aare im Abschnitt Dählhölzli-Eichholz ist wiederhergestellt. Beidseitig der Ufer wurden im vergangenen Winter die veralteten Betonverbauungen entfernt und durch Natursteinblöcke ersetzt. Für Aarebadende ist der Ein- und Ausstieg in die Aare jetzt komfortabler. Zufussgehende profitieren von einem teilweise verbreiterten Uferweg.
Der Aareabschnitt zwischen dem Dählhölzliwald und dem Eichholz ist ein Naherholungsgebiet par excellence. Während der Badesaison dominieren hier Heerscharen von Aareschwimmenden die Szene, zu allen anderen Zeiten sind es Leute, die spazieren, joggen oder ausruhen und die Natur geniessen. Ein Eingriff in diese Landschaft steht also unter Beobachtung von vielen.

Warum eine Ufersanierung?
Die Ufersanierung war nötig, um das Gebiet und die Infrastrukturanlagen vor Hochwasser und Erosion zu schützen. Die Betonverbauungen beidseits der Aare waren teilweise unterspült und zerbrochen. Dadurch war der Hochwasserschutz je länger desto weniger gewährleistet. Auf der linken Aareseite (Gemeinde Köniz) soll der erneuerte Verbau aus Natursteinblöcken das Ufer und die dahinterliegenden Infrastrukturanlagen (Trinkwasserleitung, Abwasserleitung, Uferweg) schützen. Am rechten Aareufer, das sich vollumfänglich auf Berner Stadtgebiet befindet, galt es, den direkt entlang der Aare verlaufenden Uferweg, aber auch die Kanalisationsleitung zwischen Muri und Bern zu sichern.
Eine aufgewertete Aarelandschaft
Wie überall, wo heute Hochwasserschutzmassnahmen realisiert werden, ging es auch im Abschnitt Dählhölzli-Eichholz um eine ökologische und gestalterische Aufwertung. Dazu wurden die teilweise zerfallenen Betonverbauungen entfernt und durch Natursteinblöcke ersetzt, die angrenzende Böschung zum Uferweg mit standorttypischer Vegetation gesichert. In die Aare wurden Wurzelstöcke als Lebensraum für Fische eingebaut und im Uferbereich Faschinen, Steinlinsen und Holz, um Kleinlebewesen neuen Lebensraum zu bieten. Auf den Natursteinblöcken kann man am Ufer nun verweilen. Gegenüber früher gibt es heute zwar weniger, aber dafür breitere Aare-Ein- und Ausstiege. Sie dienen auch als Sitzgelegenheiten.

Baustellenverkehr durch das Quartier
Die Bauarbeiten für die Ufersanierung starteten im Herbst 2022 und konnten im April 2023 termingerecht abgeschlossen werden. Projektleiterin Silvia Hunkeler zieht eine positive Bilanz: «Es hat alles sehr gut geklappt.» Was nicht ganz selbstverständlich ist, denn die Baustelle hatte ihre Tücken. Eine davon war die Baustellen-Erschliessung, die für beide Ufer von Wabern her erfolgen musste. Dies erforderte einerseits den Bau einer provisorischen Brücke, um das gegenüberliegende Dählhölzli-Ufer zu erreichen, und bescherte andererseits dem Eichholzquartier viel Mehrverkehr: «Zeitweise zirkulierten 14 Lastwagen pro Stunde durchs Quartier», erzählt Silvia Hunkeler. «Wir haben aber viel vorgekehrt, um den Verkehr für die Anwohnerschaft verträglich und sicher zu machen.» So wurden z. B. strikte Sperrzeiten während den Schulwegzeiten definiert. Eine andere Herausforderung war der relativ hohe Wasserstand, der die Bauarbeiten in der Aareaussenkurve erschwerte. «Glimpflich davon kamen wir am 24. Dezember 2022, als ein Winterhochwasser den Aarepegel bis knapp unter die provisorische Brücke steigen liess.»


Drittprojekte der Gemeinden Bern und Köniz
Parallel zum kantonalen Sanierungsprojekt nahm die Stadt Bern die Gelegenheit wahr, um den Uferweg auf dem im Plan eingezeichneten Abschnitt durchgehend auf drei Meter zu verbreitern. Dies, um mehr Platz für Spaziergängerinnen und Spaziergänger zu schaffen und gleichzeitig den Zugang für Unterhaltsfahrzeuge sicherzustellen. Die Gemeinde Köniz wiederum nimmt Anpassungen vor, um die Situation für den Fuss- und Veloverkehr auf dem Uferweg im Bereich des Informationszentrums Eichholz zu verbessern. Für diese beiden Drittprojekte mussten die Uferwege während gewissen Zeiten gesperrt und umgeleitet werden.
Weiterführende Informationen
- Projekt-Webseite Dählhölzli - Eichholz: Dählhölzli - Eichholz (be.ch)
- Video: Ufersanierung Aare Dählhölzli - Eichholz

Emmebrücke Heimiswil – Instandsetzung auf Zeit

Die Emmebrücke verbindet Burgdorf und Heimiswil. Sie überspannt die Emme auf einer Länge von 84 Metern. Erhebliche Schäden am Widerlager der Brücke machen eine rasche Sanierung des Bauwerks nötig. Die Arbeiten beginnen im August 2023 und dauern bis Anfang nächsten Jahres. Der einspurige Verkehr über die Brücke wird mit Lichtsignalen geregelt.
Im Februar 2022 ergab eine Inspektion der Brücke, dass das Widerlager auf Seite Heimiswil in sehr schlechtem Zustand ist. Die Frage stellte sich: Sind Sofortmassnahmen nötig oder gar eine Sperrung der Mitte der Sechzigerjahre erbauten Emmebrücke in Betracht zu ziehen? Eine technische Überprüfung durch ein Ingenieurbüro kam zum Schluss, dass es keine solch einschneidenden Massnahmen braucht, dass die Brücke aber schnellstmöglich instandgesetzt werden muss.

Dazu kommt eine weitere Problematik: Die Emmebrücke genügt den heutigen Anforderungen an den Hochwasserschutz nicht mehr. Es braucht mittelfristig einen Neubau mit einem erweiterten Durchlass, damit die Brücke auch einem Hochwasser mit grösseren Wassermassen (HQ 300) Stand halten kann. Der Ersatz der Brücke soll innerhalb der nächsten 10–15 Jahre in Angriff genommen werden. Deshalb entschied sich der Oberingenieurkreis IV, vorerst bei der bestehenden Brücke nur diejenigen Instandsetzungsmassnahmen durchzuführen, die eine sichere und möglichst interventionsfreie Nutzung während dieser Übergangszeit gewährleisten.
Das Sanierungsprojekt sieht den Ersatz der schadhaften Fahrbahnübergänge an beiden Enden der Brücke vor. Die Abplatzungen auf der Brückenunterseite werden wieder ausbetoniert, ebenso die Schäden am Widerlager und an den Brückenpfeilern. Zuletzt wird die Brückenplatte abgedichtet und mit einem neuen Belag versehen.
Ab August beginnen die Bauarbeiten. Sie sind mit Verkehrsbehinderungen verbunden. Ein einspuriger Verkehrsbetrieb mit Lichtsignalanlage ist gewährleistet. Auch für den Fuss- und Veloverkehr wird mindestens ein Gehweg offengehalten. Noch offen ist, ob allenfalls eine kurzzeitige Totalsperrung der Brücke mit Umleitung nötig ist. Anfang 2024 sollte die Brücke wieder normal befahrbar sein.


Können Strassenbeläge zur Hitzeminderung beitragen?

In Zeiten des Klimawandels sind Oberflächen gefragt, welche die Hitze möglichst reflektieren. Können aufgehellte Strassenbeläge etwas dazu beitragen? Im Rahmen eines Pilotprojekts auf der Neuen Murtenstrasse im Westen von Bern testet das Tiefbauamt verschiedene Strassenbeläge auf ihre Temperaturwirkung.
Wer an Hitzetagen auf Strassen unterwegs ist, kennt das Phänomen: Strassenbeläge heizen sich schnell auf, werden weich und verformen sich. Sie werden zu veritablen «Hotspots», unangenehm für den Menschen und fürs Klima. Als Massnahme zur Anpassung an den Klimawandel testet der Kanton Bern seit Sommer 2020 die Möglichkeiten, mit sogenannten «kühlen Strassenbelägen» den Hitzeeffekt zu reduzieren. Auf der Neuen Murtenstrasse im Westen von Bern gibt es eine Teststrecke mit zwölf Strassenabschnitten unterschiedlicher Belagsart. Sie sind in den letzten drei Jahren auf Temperaturwirkung, Akustik und Beständigkeit untersucht worden. Die Teststrecke umfasst einerseits konventionelle, dichte Beläge (Typ SMA und AC) und andererseits lärmarme, offenporige Beläge (Typ SDA), die jeweils mit unterschiedlichen Aufhellungstechnologien behandelt worden sind.

Die Ergebnisse der Messungen, die in Hitzeperioden in den Sommern 2021 und 2022 erfolgten, sind aufschlussreich. Sie zeigen vielversprechende Möglichkeiten, aber auch die Grenzen der Temperaturreduktion auf.
Die besten Temperaturwirkungen weisen die lärmarmen, offenporigen Beläge aus, deren Mischgut mit hellem Gestein ersetzt worden ist. Aber auch konventionelle, dichte Beläge, die mit einem hellen Farbanstrich (sandgelb oder lichtgrau) versehen worden sind, liefern deutlich tiefere Temperaturwerte als Vergleichsbeläge. Interessant ist, dass der konventionelle Belag dank dem Farbanstrich auch akustisch gute Werte aufweist. Das zeigt, dass sich zwischen Lärmschutz und verminderter Oberflächentemperatur erfreuliche Synergien ergeben. Hinsichtlich des baulichen Zustands zeigen sich allerdings bei den Belägen mit Farbanstrich leichte optische Schwächen. Die Beläge mit Kornersatz hingegen sind nach fast drei Testjahren mit intensiver Nutzung allesamt in einem sehr guten Zustand.

Generell erweist sich bei offenporigen Belägen der Kornersatz mit hellem Gestein als «robuste und effektive Methode, um kühlere Oberflächentemperaturen zu erreichen», wie es im Abschlussbericht des Ingenieurbüros heisst. Entscheidend für einen nachhaltig kühlenden Effekt ist allerdings auch die Oberflächenbehandlung: «Durch Wasserstrahlen können helle Bereiche im Belag wieder freigelegt werden, die nicht direkt durch Abrieb oder Schleifen erreichbar sind.»
Versuche zur Aufhellung der Testbeläge wurden auch mit weissem Splitt unterschiedlicher Korngrösse unternommen. Hier zeigt sich aber, dass der Splitt durch das Befahren rasch wieder abgetragen wird. Dies führt zu einer reduzierten akustischen Wirkung, vor allem aber zum Verschwinden der kühlenden Wirkung.

Die Ergebnisse aus dem Pilotversuch zeigen, dass besonders die Methode des Kornersatzes mit hellem Gestein technologisch gesehen bereit ist für den Praxiseinsatz. Offen ist aktuell noch die Frage, wie geeignetes helles Gestein im Kanton Bern verfügbar gemacht werden kann, um den ökologischen Fussabdruck zu optimieren.
Weitere Informationen: Monitoringbericht «Teststrecke kühle Beläge, Neue Murtenstrasse, Bern»

Spotlight
Alpenpässe vom Schnee befreien

Während jeweils im Unterland längst der Frühling Einzug gehalten hat, sind die Mitarbeiter des Strassenunterhalts im Haslital noch immer daran, die Alpenpässe vom Schnee zu befreien. Hier eindrückliche Bilder von den Schneeräumarbeiten auf dem Grimselpass.
Die Mitarbeiter vom Strasseninspektorat Oberland Ost in Innertkirchen wissen, was sie jeweils im Frühling zu tun haben: Mit viel schwerem Gerät und grossem Enthusiasmus sind sie wieder mit der Schneeräumung auf der Grimsel- und auf der Sustenpassstrasse beschäftigt. Die Bilder von Bruno Petroni (Berner Oberländer) zeigen eindrücklich, was es braucht, damit die Alpenpässe zu Sommerbeginn für den Tourismus- und Freizeitverkehr wieder befahrbar sind. In der Regel beginnt der Arbeitstag bereits um 5 Uhr in der Früh und endet am Mittag, weil danach die Lawinengefahr steigt.
Bilder: Bruno Petroni
Anfang Mai waren die Schneewände auf der bis zum Grimselsee hinauf geräumten Passstrasse stellenweise noch bis zu fünf Meter hoch. Ein deutliches Zeichen dafür, wie sehr der Schnee während des Winters von Sturmwinden verweht worden ist. Doch es braucht jeweils nur ein paar schöne und warme Tage, und dann kann es sehr schnell gehen mit der Schneeschmelze und die Pässe sind an Pfingsten offen. Umgekehrt können Wintereinbrüche und Schlechtwetterphasen die Öffnung der Passstrassen rasch um einige Tage hinauszögern. Der Grimsel- und Susten-Pass werden im langjährigen Durchschnitt anfangs Juni geöffnet. Die früheste Passöffnung seit Beginn der statistischen Erfassung vor 73 Jahren war an der Grimsel der 7. Mai 2011, beim Susten am 17. Mai desselben Jahres. Sehr selten konnten die beiden Pässe erst gegen Ende Juni befahren werden (letztmals Susten 1995, Grimsel 1984).
Wie es in diesem Jahr punkto Passöffnungen aktuell aussieht, erfahren Sie hier: https://alpen-paesse.ch/.